Eine durchgeführte Abdichtung und die beauftragte Fehlersuche

Ein Artikel von Dr. Bernd Haintz | 25.06.2024 - 06:25
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Die Rechtsvorgängerin des klagenden Unternehmens  wurde vom Auftraggeber mit den Abdichtungsarbeiten beim Bauvorhaben einer Mehrparteienwohnanlage beauftragt. Dem schriftlichen Auftrag wurde unter anderem die Anwendung der ÖNORM B2110 zugrunde gelegt.

Mit eigenem Schreiben wurde dem Bauherrn die Fertigstellung der beauftragten Leistungen mitgeteilt  und um Übernahme des Bauwerks innerhalb von 30 Tagen ersucht. Sollte keine gemeinsame Abnahme gewünscht sein, gehe die Klägerin laut Schreiben nach Verstreichen der Frist davon aus, dass das Bauvorhaben für die Beklagte bereits als abgenommen gelte. Auf dieses Schreiben reagierte die Beklagte nicht.

Das beauftragte Unternehmen rechnete damit im Anschluss die Leistungen mit Schlussrechnung ab. Doch schon nach kurzer Zeit kam es zu Wassereintritten in diverse Bauteile. Dazu beauftragt, führte das Abdichtungsunternehmen  Leistungen zur Fehlersuche durch. Diese ergaben keine Mängel der vom Auftragnehmer  durchgeführten Abdichtungen. Somit legte man für die zur Fehlersuche erbrachten Leistungen eine Rechnung von rund 18.000 €. Diese Rechnung wurde bis zur Klagseinbringung nicht beanstandet, aber auch nicht bezahlt. Nicht klar war im Prozess, ob zuvor darauf hingewiesen wurde, dass diese Arbeiten kostenpflichtig sind. Zwei Jahre später kam es wieder zu Schäden, es wurde eine sogenannte Wasserprobe durchgeführt. Es  kann gesagt werden, dass im Verfahren vom Sachverständigen kein mangelhaftes Verhalten des klagenden Auftragnehmers festgestellt werden konnte. Nachdem weder die Schlussrechnung noch die offenen Beträge für die Lecksuche bezahlt wworden waren, wurde prozessiert. Argumentation der Beklagtenseite kurz zusammengefasst: Entgeltliche Zusatzaufträge seien nicht erteilt worden. Das Werk der Klägerin sei mangelhaft geblieben, wegen einer  fehlenden Wärmedämmungsverlegung seien die Arbeiten auch nicht zur Gänze fertiggestellt. Die Klagsforderung sei daher nicht fällig. Nach einem Hin und Her in den Vorinstanzen war dann der OGH zuständig.  

Der Auftraggeber meinte, dass die verrechnete Fehlersuche lediglich ein „Wunsch“, aber kein Auftrag war. Das Höchstgericht sah dies aber anders. Auch wenn von einem Entgelt nicht gesprochen wurde, ist es Rechtslage, dass ein angemessener Werklohn im Rahmen eines Werkvertrages gebührt. Es wurde festgehalten, dass es ja Aufgabe des Auftraggebers ist, das Vorliegen eines Gewährleistungsmangels zu beweisen. Und ein solcher, der dem Abdichtungsunternehmen zuzurechnen wäre, lag aber nicht vor. Zu den  nicht durchgeführten Dämmarbeiten wurde festgehalten, dass diese von der örtlichen Bauaufsicht nicht „abgerufen“ wurden. Die vereinbarte ÖNORM hält fest: „Übernimmt der Auftraggeber die Leistung trotz Mängeln, bedeutet dies keinen Verzicht auf seine Gewährleistungsansprüche. Dies gilt aber nicht für nicht gerügte, offensichtliche Mängel.“ Von „in die Augen fallenden“ Mängeln, die quasi damit als genehmigt gelten, kann regelmäßig dann gesprochen werden, wenn sie auch ohne nähere Überprüfung nicht zu übersehen sind. Das war hier der Fall und dabei macht es keinen Unterschied, ob eine formelle Übergabe stattgefunden hat oder nicht. Auch die örtliche Bauaufsicht, die als „Bauherrenvertretung“ gegenüber dem Auftraggeber bezeichnet wurde, hätte während der Bauphase das Fehlen der Dämmung vorbringen können. Spätestens  bei der Abrechnung, wo diese Position fehlte, hätte sie reklamieren müssen. Damit ist aus diesem Grund ein Zurückbehaltungsrecht eines Teils des Werklohnes zwecks Verbesserung nicht zulässig. Eine solche wurde nämlich erst fast drei (!) Jahre nach Fertigstellung verlangt. Aus diesem Grund obsiegte das klagende Unternehmen.