Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen – Schneelasten
Schneelasten und die zugehörigen Eislasten sind in Österreich seit 1955 in der ÖNORM B 4000-4 mit dem Titel „Berechnung und Ausführung der Tragwerke – Schnee- und Eislasten – Allgemeine Grundlagen“ genormt/geregelt. Damals wurde die Schneelast über die Regelschneelast-Karte abgelesen. Erst in den Jahren 1984 bis 2005 wurde die Regelschneelast in der ÖNORM B 4013 über Schneelastzonen und über die Seehöhe der jeweiligen Gebäudestandorte ermittelt. Die Schneelastzonen wurden nach meteorologischen Gesichtspunkten erstellt.
Ab dem Jahr 2006 wurden europaweit durch die Einführung des Eurocodes die Einwirkungen in Folge von Schnee in der ÖNORM EN 1991-1-3 geregelt. Die nationale Umsetzung in Österreich erfolgte im November 2005 durch die ÖNORM B 1991-1-3 (Eurocode 1 – Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen – Schneelasten).
Holz trägt ein Vielfaches seines Eigengewichtes, speziell Dachtragwerke haben die Aufgabe ein Gebäude gegen Witterungseinflüsse wie Schnee, Regen und Wind zu schützen.
Neue digitale Schneelastkarten für Österreich ab 2022
Das Forschungsprojekt Schneelast.Reform bringt nun neue Erkenntnisse und führt zu völlig überarbeiteten Schneelastkarten für Österreich. Der Fachverband der Holzindustrie Österreich arbeitete mit der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik), der Universität Innsbruck und dem LFRZ (Land- und Forstwirtschaftliches Rechenzentrum) zusammen an der wissenschaftlichen Grundlage für eine Novelle der Schneelastnorm ÖN B 1990-1-3. Die neuen Schneelastkarten können ab sofort hier abgerufen werden.
Die neuen Schneelastkasten wurden auf Grundlage von Wetteraufzeichnungen von etwa 900 Wetterstationen über einen Zeitraum von 30 Jahren erstellt und komplett neue modelliert. Mit einem feinmaschigen Raster von 50 × 50 m über das ganze Land sind die ausgegebenen Werte besonders detailliert. Die bisher gültige Norm war bis zu einer Seehöhe von 1500 m anwendbar, die neue Schneelastkarte erweitert den Anwendungsbereich bis 2000 m.
Analyse der Schneelastzonen (Abb. 1)
In den meisten Regionen Österreichs ergeben sich im Durchschnitt geringere Schneelasten, so zum Beispiel in den rot markierten Gebieten. Grün dargestellt sind Schneelasterhöhungen, die aber meist wenig besiedelte, höhere Lagen betreffen. Bei vielen Gebäuden könnten auf Basis der neuen Schneelastkarten zusätzliche Dachlasten ohne weitere Verstärkungsmaßnahmen am Tragwerk aufgebracht werden. Dies bietet Potenzial für Photovoltaikanlagen oder thermische Solarkollektoren.
Ist der Schnee bald von gestern?
Welche Rolle die Schneelasten künftig für die Bemessung von Gebäudekonstruktionen aufgrund des Klimawandels haben werden, ist offen. Die durchschnittlichen Temperaturen in Österreich sind von 1900 bis 2009 um 1,5° C gestiegen. Das macht sich auch an einer geringeren Anzahl an Tagen mit Schneedecke und an einer geringeren durchschnittlichen Höhe der Schneedecke bemerkbar. Der Klimawandel führt aber auch zu häufiger auftretenden Wetterextremen: einerseits längere Trockenphasen und andererseits häufigere enorme Niederschlagsmengen in kurzer Zeit, auch in Form von Schnee. Die Schneehöhe allein gibt nur wenig Auskunft über die Schneelast, die beispielsweise ein Dach tragen muss. Derzeit kann kein Trend für die Schneelast angegeben werden. Doch das neu entwickelte Verfahren zur Berechnung ist transparent, messdatenbasiert und so dokumentiert, dass die Ergebnisse mit zukünftigen Auswertungen verglichen werden können.
Chronologie der österreichischen Schneenormen
- ÖNORM B 4000-4: 1955-10-05, Karte der Regelschneelast
- ÖNORM B 4000-4: 1959-07-08
- ÖNORM B 4000-4: 1960-10-10
- ÖNORM B 4013: 1983-12-01
- ÖNORM B 1991-1-3: 2005-11-01 (ÖNORM EN 1991-1-3: 2005-08-01)
- ÖNORM B 4000: 2006-01-01
Einführung des Eurocodes 1991 Teil 1-3 Schneelasten
- ÖNORM B 1991-1-3: 2006-04-01 (ÖNORM EN 1991-1-3: 2005-08-01)
- ÖNORM B 1991-1-3: 2013-09-01 (ÖNORM EN 1991-1-3: 2012-03-01)
- ÖNORM B 1991-1-3: 2018-12-01 (ÖNORM EN 1991-1-3: 2016-01-15)
- ÖNORM B 1991-1-3: 2022-05-15 (ÖNORM EN 1991-1-3: 2016-01-15)
- Neu: Digitale Schneelastkarte auf hora.gv.at
Weitere wesentlichen Änderungen der neuen Norm
Ortsverzeichnis wird ersetzt
ÖNORM B 1991-1-3 Ausgabe: 2022-05-15
Das Ortsverzeichnis entfällt und wird durch detailliertes Kartenmaterial in Anhang B ersetzt. Das bisherige Ortsverzeichnis berücksichtigte nur einen zentralen Punkt eines Ortes, nicht jedoch die Topografie größerer Orte. Durch die Rasterdarstellung für ganz Österreich in der Auflösung von 50 × 50 m bei der HORA-Karte (Natural Hazard Overview and Risk Assessment Austria) ist dies nun berücksichtigt.
Neuerstellung des Anhang B
Die in der neuen ÖNORM beigelegte Karte (siehe Abb. 2) enthält Angaben zur charakteristischen Schneelast sk in Österreich. Diese entspricht dem Erwartungswert der 50-jährlichen Schneelast am Boden (jährliche Überschreitungswahrscheinlichkeit von 2 %) zuzüglich des 75 %-Konfidenzintervalles der zugrunde liegenden extremwertstatistischen Auswertung.
Abb. 2: Schneelastkarte der ÖNORM
ÖNORM B 1991-1-3:2022-05 Anhang B
Die Schneelastwerte sind in kN/m2 angegeben und auf 0,1 kN/m2 gerundet. Für Bereiche jenseits einer Seehöhe von 2000 m ist ein Schneelastgutachten einzuholen, z. B. bei der ZAMG. Des Weiteren wird in folgenden Fällen das Einholen eines Schneelastgutachtens empfohlen:
- für exponierte Standorte, insbesondere oberhalb der Waldgrenze, an denen gemäß Karte der charakteristischen Schneelast ein sehr hoher Wert von sk anzusetzen wäre;
- für mutmaßlich stark vom Wind beeinflusste Bereiche im alpinen Raum (z. B. Rinnen- oder Muldenlagen, Gipfelbereiche, Kammlagen).
Neuerstellung des Anhang C
Karten der Schneelasten sn in Österreich
Die neue Norm enthält Angaben zu Schneelasten sn in Österreich für ein 25-jährliches Schneelastereignis (als s25 bezeichnet) und für ein 100-jährliches Schneelastereignis (als s100 bezeichnet).
Schneelasten in Verbindung mit dem Eurocode 1 – Einwirkungen auf Tragwerke
Allgemeine Einwirkungen – Wichten, Eigengewicht, Nutzlasten im Hochbau
ÖNORM B 1991-1-1 Ausgabe 2020 Teil 1-1
Die Nutzlast ist eine veränderliche oder bewegliche Einwirkung auf die Konstruktion infolge von Personen, Lagerstoffen, Maschinen oder Fahrzeugen, z. B. bei Brücken. Es ist davon auszugehen, dass bei voller Schneelast nicht auch noch vom Menschen herbeigeführte zusätzliche Nutzlast auf Dächern hergestellt wird oder Fahrzeuge Brücken überqueren, welche mit Schnee bedeckt sind. Deshalb kann auf das Ansetzen der Nutzlast verzichtet werden, wenn die Schneelast (sk) 1 KN überschreitet. Wird die charakteristische Schneelast von sk 1 kN/m² allerdings unterschritten, so ist die Nutzlast anzusetzen.
In der ÖNORM B 1991-1-1 Ausgabe 2020 Teil 1-1 „Allgemeine Einwirkungen – Wichten, Eigengewicht, Nutzlasten im Hochbau“ werden in der Kategorie H für Dachkonstruktionen folgende Nutzlasten festgelegt und sind bei der Bemessung von Tragwerken zu berücksichtigen.