Die baurechtlichen Mindestanforderungen an den Schallschutz im Hochbau werden in Österreich nicht in Normen, sondern von den Bundesländern in Form von Gesetzen und Verordnungen festgelegt. Die Richtlinie 5 des OIB (Österreichisches Institut für Bautechnik) bildet die Grundlage für die Schallschutzbestimmungen. Die OIB-Richtlinien werden in der Regel im 4-Jahres-Rhythmus überarbeitet. Die nächste Ausgabe ist also im Jahr 2023 zu erwarten.
Wichtigste Änderungen: ÖNORM B 8115 Teil 2
Individuelle Berechnung statt Standard-Tabellenwerten
Der Teil 2 der Normenreihe beschreibt eine Methode zur Ermittlung des erforderlichen Schallschutzniveaus, abhängig von verschiedenen Parametern wie dem Lärmpegel, der Nutzung oder der Lage des Bauteils. Bisher wurde das Schallschutzniveau in der Norm weitgehend in Form von Tabellenwerten vorgegeben. Das hatte den Vorteil, dass die Werte mit relativ geringem Aufwand abgelesen werden konnten. Die neue Norm schafft in der Planung mit der Angabe von Formeln für die Berechnung mehr Möglichkeiten. So kann der erforderliche Schallschutz auf die Gegebenheiten und Anforderungen des jeweiligen Bauvorhabens abgestimmt und individuell dimensioniert werden. Das Schallschutzniveau im Wohnbau bleibt weitgehend gleich wie bisher. Der Vorteil der neuen Herangehensweise ist, dass es jetzt eine bessere Argumentationsgrundlage gegenüber Auftraggebern und Behörden bei sinnvollen Abweichungen im Einzelfall gibt.
Wichtigste Änderungen: ÖNORM B 8115 Teil 5
Schallschutzklassen und Frequenzbereich
In dieser Norm werden Klassen (A-E) für den Schallschutz zu anderen Nutzungseinheiten festgelegt. Diese Schallschutzklassen bilden die Basis für eine freiwillige Deklaration und müssen ausnahmslos vorab vereinbart werden. Vereinbarungen für Anforderungen innerhalb von Nutzungseinheiten wie beispielsweise innerhalb von Wohnungen müssen unabhängig von den Schallschutzklassen dieser Norm getroffen werden. Betroffen sind also vor allem Wohnungstrenndecken und -wände.
Wie bisher gibt es auch im neuen Entwurf der ÖNORM B 8115 Teil 5 die Möglichkeit, die Schallschutzanforderungen beispielsweise bei angrenzenden kleinen Nebenräumen zu reduzieren. Mit der Einführung eines „Empfindlichkeitsfaktors“ mit verschiedenen Abstufungen stehen dafür jetzt aber wesentlich mehr Varianten zur Verfügung.
Bemerkenswert und neu ist, dass bereits in der Klasse C – Basisschallschutz der erweiterte Frequenzbereich ab 50 Hz mit einem Spektrum-Anpassungswert berücksichtigt wird. Das ist allerdings sowohl beim Luft- als auch beim Körperschall mit einem toleranteren Korrekturwert verbunden. Alternativ dazu kann ein Nachweis mit den Schallschutzwerten des bisherigen Frequenzbereichs (100-3150 Hz) in Verbindung mit der Resonanzfrequenz f0 des Bauteils erfolgen.
Dies ermöglicht, bekannte Aufbauten ohne Kenntnis der Spektrum-Anpassungswerte zu verwenden, denn die Resonanzfrequenz kann einfach berechnet werden und durch Anpassung der einzelnen Schichten (GK-Platte, Dämmstoff, Trittschalldämmung usw.) deutlich variiert werden. Schwierig wird dies für Deckenaufbauten mit eher leichten Trockenestrichen, deren hohe Resonanzfrequenz einen Nachweis mittels Spektrum-Anpassungswertes erfordert. Zur korrekten Berechnung der Resonanzfrequenz von komplexen Aufbauten wie z.B. doppelten BSP-Trennwänden mit beidseitigen Vorsatzschalen (Vier-Massen-Schwinger) besteht derzeit noch Forschungsbedarf.
Auf der Plattform dataholz.eu sind momentan noch keine Spektrum-Anpassungswerte für den erweiterten Frequenzbereich ausgewiesen. Das soll sich durch die aktuelle Überarbeitung bis Ende des Jahres ändern. Schallkennwerte für den erweiterten Frequenzbereich für zahlreiche Holzaufbauten können derzeit beispielsweise einer umfassenden Publikation des Informationsdienstes Holz entnommen werden: Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung (2019).
Sound.Wood.Austria: planbare Schalldämmung
Unter dem Titel Sound.Wood.Austria schlossen die Holzforschung Austria und das Labor für Bauphysik der TU Graz im Vorjahr den ersten Teil eines umfassenden Forschungsprojektes ab, das die Planbarkeit der Schalldämmung von Außenwänden aus Holz erleichtern soll. Dabei werden sowohl Rahmenkonstruktionen als auch Aufbauten aus Brettsperrholz untersucht.
Besonders interessant ist, dass der Einfluss verschiedener Aufbauten und Dämmmaterialien auf das bewertete Schalldämmmaß und auf die Spektrum-Anpassungswerte C und Ctr ermittelt wird. Planer können so die Auswirkungen von konstruktiven Maßnahmen wie Vorsatzschalen oder der Wahl des Dämmstoffes besser vergleichen und beurteilen. Noch im Laufe dieses Jahres wird auch der Trittschall von Decken im selben Projekt tiefergehend betrachtet.
Die umfassenden Ergebnisse können im Rahmen dieses Beitrages nicht präsentiert werden. In der nachstehenden Abbildung werden als Beispiel die Kennwerte für Holzrahmenwände mit Wärmedämmverbundsystem dargestellt.
Aktuelle Publikationen zum Thema Schallschutz
- Sound.Wood.Austria: Schalldämmung von Außenwänden in Holzrahmenbauweise
Nusser, Bernd & Lux, Christian & Ferk, Heinz. Schalldämmung von Außenwänden im Holzbau – Teil 1: Holzrahmenbauweise und Teil 2: Holzmassivbauweise, Holzbau – die neue Quadriga 2020 (PDF-Download auf researchgate.net) - Schall.Holz.Bau – Bauakustische Optimierung von Holzbau-Außenwänden
Neusser, Müllner, Smertnik, Hg. Bau.Energie.Umwelt Cluster NÖ, 2019 (PDF-Download auf researchgate.net) - Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung
Blödt, Rabold, Halstenberg, Holzbau Handbuch, Hg. Holzbau Deutschland-Institut e.V. Berlin, 2019, ISSN 0466-2114
Arbeitshilfe: Beispielaufbauten
In den nachstehenden Tabellen können Sie sich einen raschen Überblick über die Schallschutz-Kennwerte der Basisklasse C der neuen ÖN B 8115-5:2021 verschaffen.
Wir haben Beispielaufbauten ausgewählt, die für die Schallschutzklasse C infrage kommen. Bitte beachten Sie bei den gewählten Aufbauten, dass die Flankenübertragung vereinfacht bewertet, aber nicht explizit berechnet wurde. Die Schallübertragung über die Flanken ist von vielen Faktoren abhängig und muss für das jeweilige Bauvorhaben und die jeweilige Kombination von Wand / Decke / Anschluss individuell geplant werden. In der aktuellen ÖN B 8115-4:2003 wird eine relativ einfache Formel zur Berechnung der Resonanzfrequenz f0 von zweischaligen Aufbauten, sogenannten Zwei-Massen-Schwingern, gegeben. Zur korrekten Berechnung der Resonanzfrequenz von komplexeren Aufbauten wie z.B. doppelte BSP-Trennwände mit beidseitigen Vorsatzschalen (Vier-Massen-Schwinger) besteht derzeit jedoch noch Forschungsbedarf. Für höhere Schallschutzklassen (z.B. Klasse B) ist eine individuelle Beurteilung der jeweiligen Situation unbedingt erforderlich.