„Die erste ökologische Dampfbremse aus Holz“

Ein Artikel von Raphael Zeman | 09.10.2020 - 11:26
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Die CNC-Anlage und Hansmanns Begeisterung für Innovation waren die Grundsteine für den Erfolg des Unternehmens. © Raphael Zeman

Nach der Zimmererlehre besuchte Hansmann die HTL für Bauhandwerker und schloss 2008 den Holzbau-Meister ab. Schon damals bestand für ihn der Wunsch nach Selbstständigkeit und er spielte mit dem Gedanken, ein Abbundzentrum zu gründen. Doch kurz bevor er den Vertrag für eine geeignete Halle unterschrieb, ging sein ehemaliger Arbeitgeber in Konkurs. Also übernahm Hansmann die bestehenden Strukturen samt den zehn Mitarbeitern und investierte in eine CNC-Anlage. Anfangs war man in der Region noch skeptisch, ob aus diesem jungen Unternehmen etwas werden könnte. Doch für Hansmann stand von Beginn an die Qualität im Vordergrund und mithilfe des professionellen Abbunds konnte man schnell große Projekte abwickeln und sich einen guten Namen erarbeiten. „Die Investition in die CNC-Anlage war für mich ein ganz bewusster Schritt in Richtung Modernisierung. Ich habe mich nicht darauf konzentriert, was die anderen Unternehmen machen, sondern wie ich den eigenen Betrieb voranbringen kann“, erzählt er an einem sonnigen Vormittag im grünen Herzen Österreichs

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Der hoch automatisierte Betrieb beschäftigt 25 Mitarbeiter und will noch weiter expandieren. © Raphael Zeman

„Mehr Holz in die Wand“

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Das erste Reinholzhaus wurde unlängst in Eggersdorf errichtet. Darin wurden insgesamt 160 m³ Holz verbaut. © Holzbau Hansmann

In den Jahren 2014 und 2015 beschäftigte sich Hansmann dann verstärkt mit der Frage, wie man sich vom übrigen Markt abheben könnte und gründete schließlich 2016 das LEADER-Projekt „Murauer Holzbau trifft auf Forschung und Entwicklung“. Ziel war es, mit dem „Murauerhaus“ eine typische Marke für die Region zu entwickeln. Dazu recherchierten Grazer Architekten die traditionelle Architektur, während sich Hansmann mit dem charakteristischen Wandaufbau der Murauer Holzhäuser auseinandersetzte. Ihm war dabei besonders wichtig, mehr Holz in die Wand zu bekommen. Aus diesem Gedanken heraus entwickelte er das neue Wandsystem quasi über Nacht. „Wir wollten nach dem Motto ,mehr Holz in die Wand‘ die früher üblichen Holz-Holz-Verbindungen wieder aufgreifen, die CNC-Anlage ermöglicht dahingehend eine rasche Produktion. So ist durch Ausprobieren im Betrieb das Reinholz-System entstanden. Mittels schwalbenschwanzförmiger Presspassungen werden dabei Verbundelemente hergestellt, die für Wand-, Dach- und Deckenelemente geeignet sind. „Sobald zwei Elemente auf diese Art miteinander verbunden sind, können sie als erste ökologische Dampfbremse aus Holz eingesetzt werden“, erläutert Hansmann und führt aus: „Für diese Elemente gibt es zwei Systeme. Man hat entweder eine reine Massivholzwand, die nur durch Holz und Lufteinschlüsse dämmt, oder eine schmale Massivholzwand, hinter der sich die Dämmung befindet.“ Diese Dämmung stellt der Betrieb selbst nach dem Cradle to cradle-Prinzip aus dem Hobelspan, der bei den Fräsungen entsteht, her.

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Eines seiner Leuchtturmprojekte ist für Hansmann das Almhaus Lachtal. Hier hat man für ein Feriendorf 38 Häuser in Holzriegelbauweise mit Wohnflächen zwischen 80 und 140 m² schlüsselfertig gebaut. © Holzbau Hansmann

Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region

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Ein Blick in den Betrieb. © Raphael Zeman

So wurde also aus dem „Murauerhaus“ das „Reinholzhaus“. Ein Grundgedanke von Hansmanns Unternehmen ist dabei, Wertschöpfung und Arbeitsplätze innerhalb der Region zu erhalten und fördern. Dementsprechend kauft man die Rohhobler bei lokalen Betrieben und baut die schlüsselfertigen Häuser gemeinsam mit Subleistern aus der Region. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt für den Zimmerermeister eine große Rolle. „Wir setzen auf kurze Wege und geringe CO2-Emissionen. Hier bietet der Holzbau besondere Vorteile gegenüber der Massivbauweise. Politisch muss aber noch mehr passieren, es braucht entsprechende Förderungen. Denn wenn ich ein Elektroauto kaufe, wird das auch gefördert. Aber für die CO2-Einsparungen, die durch ein Holzhaus entstehen, müsste ich 200 solcher Autos kaufen“, vergleicht Hansmann und ist sich sicher, dass spätestens in ein paar Jahren die ökologischen Vorteile der Holzbauweise von der breiten Masse wahrgenommen werden. Bezüglich der dahingehenden Kooperationsbereitschaft in der Branche betont er, dass man grundsätzlich immer nur miteinander und nicht gegeneinander arbeiten solle.

Pandemie verzögerte Produktionsstart

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Holzbau-Meister Reinhard Hansmann © Holzbau Hansmann

Vom Ausbruch der Pandemie fühlte sich das Unternehmen in erster Linie nicht stärker betroffen. Man habe zwar Kurzarbeit angemeldet, musste diese dann aber doch nicht ausschöpfen. „Die Auftragsbücher waren zu diesem Zeitpunkt voll und wir haben nach einer dreiwöchigen Pause begonnen, die Projekte nach der Reihe abzuarbeiten. Wir hatten eher das Problem, dass wir für unsere Expansion noch von Maschinenherstellern abhängig waren, deren Lieferungen sich verzögerten. Dadurch konnten wir mit unserem neuen Produkt noch nicht auf den Markt“, berichtet Hansmann. In die Zukunft blickt er durchwegs positiv und geht von einer Zunahme der privaten Hausbauer aus. Außerdem rücke das Thema Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus der Gesellschaft und man fühle sich hier genau am Puls der Zeit.

Holz ist sensibler Baustoff

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Ein Blick in das Innere des Almhauses Lachtal.
© Martina Brunner

Eine der größten Herausforderungen beim Bauen mit Holz ist für Hansmann die Feuchtigkeit, vor allem auch in der Zusammenarbeit mit anderen Gewerken. „Beim Holzbau gehört einfach alles im Vorfeld gut geplant und durchdacht. Denn der Holzbau wächst immer schneller und hier muss man mitdenken, dass es sich um einen sensiblen Baustoff handelt.“ Dementsprechend bedient Holzbau Hansmann den gesamten Entstehungsprozess von der Planung bis zur Umsetzung und kooperiert eng mit Architekten. Dabei deckt man das gesamte Portfolio von landwirtschaftlichen Bauten über Zu- und Umbauten bis hin zu schlüsselfertigen Einfamilienhäusern ab. Einzig mehrgeschossige Holzbauprojekte gebe es für das Unternehmen derzeit nur wenige – mit dem neuen System will man allerdings bei Gemeinden, die sich ökologisch positionieren, verbreitet Fuß fassen.

Ausbildung selbst in die Hand nehmen

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© Raphael Zeman

Im Zuge des Projekts Reinholz hat man auf umfassende Automatisierung und den Einsatz von Robotern gesetzt. „Das bedeutet nicht, dass die Maschinen Arbeitsplätze ersetzen. Es geht hier um Tätigkeiten, für die man verständlicherweise schwer Mitarbeiter findet – denn wer möchte schon den ganzen Tag Bretter stapeln?“, führt Hansmann aus. Dennoch beklagt auch er den Fachkräftemangel in der Branche. „Wir suchen nun seit rund fünf Jahren vergeblich einen Holzbau-Meister mit geeigneter Ausbildung und Führungsqualität. Da wir den aber nicht bekommen, müssen wir unsere Mitarbeiter selbst entsprechend aufbauen.“ Auch deswegen hat der mittlerweile 25 Mitarbeiter zählende Betrieb heuer wieder drei Lehrlinge aufgenommen, mit der Tochterfirma Reinholz will man sogar noch weiter wachsen.