Angemerkt sei, dass der Anwalt des Klägers sehr findig einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Errichtung des Fertighauses herstellte. Denn der Verunfallte war fachlicher Laie, ihm wurde geraten, nachdem Ziegel gebrochen waren, diese von einer Fachfirma austauschen zu lassen, und dennoch stieg er mit der Leiter auf das Steildach mit 38 Grad und stürzte von dort völlig ungesichert in die Tiefe. Er verletzte sich schwer. Nun begehrte er aufgrund seines Mitverschuldens 50 % der Anschaffungskosten eines behindertengerechten Fahrzeugs in der Höhe von 7.000 €.
Anknüpfungspunkt war das Fehlen von sogenannten Anschlagpunkten, also der Möglichkeit, sich bei Arbeiten in der Höhe mit der persönlichen Schutzausrüstung zu sichern. Geregelt ist dies in der ÖNORM B 3417 „Planung und Ausführung von Sicherheitsausstattungen auf Dächern“. Auch wenn diese Norm nicht Vertragsinhalt wäre – das Gericht ging darauf nicht ein –, hält der OGH wie so oft fest, dass es Stand der Technik ist, ein Dach mit solchen Sicherungspunkten zu versehen. Diese ÖNORM regelt nämlich die Planung und Ausführung sowie die Nutzung, Wartung und Prüfung der ständigen Sicherheitsausstattung für die spätere Nutzung, Wartung und Instandhaltung von Dächern.
Die ersten zwei Instanzen wiesen die Klage ab. Die Begründung: Zwar wurde nicht vertragsgemäß geliefert, weil eben die Anschlagspunkte fehlten, jedoch wären diese nur Professionisten vorbehalten. Sie hätten nicht den Zweck, „jedermann auch ohne besonderes Fachwissen das gefahrlose Betreten des Daches zu ermöglichen. Der Kläger habe auf eigene Gefahr gehandelt, weil ihm […] bewusst gewesen sei, dass keine Absturzsicherung vorhanden war.“
In der Letztinstanz kam nun (fast) alles ganz anders. Der Oberste Gerichtshof entschied zwar, dass die Anschlagpunkte hätten vorgesehen werden müssen, aber diese auch für Laien nützlich wären, „weil gerade bei Einfamilienhäusern geringfügige Reparaturarbeiten fallweise von den Eigentümern selbst ausgeführt werden und auch Privatpersonen sich die (Anm.: zusätzlich) benötigte Sicherheitsausrüstung beschaffen können.“ Weiters meint das Gericht: „Durch den Unfall des Klägers, der das Dach ungesichert betreten hat, ist deshalb gerade jener Schaden eingetreten, den die Verpflichtung zur Montage von Anschlagpunkten verhindern sollte.“ Dann wurde noch festgehalten, dass es sich hier um ein „unechtes Handeln auf eigene Gefahr“ handelte, also eine Unterscheidung im Gegensatz zum „echten Handeln“. Der Unterschied: Es kommt zu einer Haftung im Rahmen des Schadenersatzes, wenn auch abzüglich eines Eigenanteiles des Hauseigentümers für das Selbstverschulden. Denn selbst wenn das Unfallopfer sich bekannten oder zumindest erkennbaren Gefahr aussetzt, ist auch die Verletzung der Schutzpflicht (fehlende Anschlagpunkte) durch den Fertighausbauer ins Kalkül zu ziehen.
Dennoch wurde noch nicht endgültig entschieden, sondern wieder an die erste Instanz zurückverwiesen. Die Begründung klang prozessual sehr formalistisch. Das Erstgericht müsse nämlich noch Feststellungen treffen, wie sich der Kläger verhalten hätte, wenn am Dach Anschlagpunkte vorhanden gewesen wären, welche die Verwendung einer Absturzsicherung ermöglicht hätten, und ob der Unfall dadurch vermieden worden wäre. Es ist wohl davon auszugehen, dass dem Kläger hier dieser Nachweis in weiterer Folge gelingen wird.
Wichtig bei dieser Entscheidung ist, die vertragliche Beziehung zwischen Schädiger und Geschädigtem als Käufer und Verkäufer zu beachten. Damit kann das Urteil nicht 1:1 auf andere Rechtsverhältnisse, etwa Ansprüche gegenüber dritter Seite, zum Beispiel einem anderen Dachdecker, umgelegt werden. Dennoch gilt: Wenn man sich bei der Ausführung nicht an die Regeln der Technik hält und es kommt zu einem (Personen-)Schaden, ist dieser zu ersetzen.