200 Mal gefragt

Ein Artikel von Birgit Gruber | 24.07.2024 - 08:58
Gruppenfoto_proHolz.jpg

Die proHolz-Fachberater (nicht im Bild: Adam Themessl, Fachberatung Kärnten) © proHolz Austria

Jeder, der mit Holz baut, weiß, dass die Planungs- und Bauprozesse damit wesentlich anders verlaufen, als bei „etablierten“ Bauweisen. Aufgrund des hohen Vorfertigungsgrads müssen materialspezifische Entscheidungen bereits in der frühen Planungsphase und nicht erst baubegleitend getroffen werden. Seit circa einem Jahr helfen die proHolz-Fachberater, verteilt auf alle Bundesländer, dabei. Sie sind ausgebildete Baufachleute und informieren und beraten umfassend bereits am Beginn der Meinungsbildung zur Materialentscheidung. Ihr Know-how orientiert sich an bewährten Holzbaulösungen und wird im Austausch mit wissenschaftlichen Institutionen sowie untereinander stets erweitert. „Es handelt sich um junge, sehr gut ausgebildete Holzexperten mit unterschiedlicher Vorgeschichte“, beschreibt sie Bernd Höfferl bei einem Interview im Gründungsjahr. Gemeinsam wollen sie flächendeckend jedem, der sich für das Thema „großvolumiger Holzbau“ interessiert, eine Unterstützung sein. Ob das nun Architekten, Fachplaner, Bauträger oder Gemeinden sind. „Es soll eine niederschwellige Möglichkeit sein, genau die Informationen zu bekommen, die man braucht. Ich glaube, dass wir auf jede Frage eine gute Antwort finden können“, sagte Höfferl damals. 

Die Kombination von enger Vernetzung und regionaler Positionierung hat sich sehr bewährt. Geschätzt wir die Beratung in sehr frühen Projektphasen, in denen es noch keine Fachplaner gibt.

proHolz_BerndHoefferl.jpg
Bernd Höfferl, Netzwerk-Koordinator
© proHolz Austria

Beratung in sehr frühen Projektphasen

Genau ein Jahr später standen er und seine Kollegen holzbau austria erneut für Fragen zum Thema zur Verfügung. Wir wollten wissen, wie der Service angenommen wird, aus welcher Sparte bislang die meisten Anfragen kamen, wo die größten Chancen liegen und wie aktuell Kooperationen mit Forschungseinrichtungen laufen. Gleich vorab die gute Nachricht: Das Interesse ist enorm. Es gab bereits über 200 Anfragen, obwohl der Service bundesweit erst nach und nach bekannt gemacht werden musste. „Zudem hat sich die Kombination von enger Vernetzung und regionaler Positionierung sehr bewährt, weil so lokale Aktivitäten wie Messen, Vorträge, Exkursionen maßgeschneidert geplant und betreut werden können“, erzählt Höfferl. Erfreulich sind die Rückmeldungen der Fachberater auch aufgrund der Tatsache, dass die meisten Anfragen von Gemeinden und Architekten bereits in der Konzeptphase beziehungsweise kurz vor der Einreichphase kamen. Also relativ früh, was beim Holzbau ja eine wichtige Rolle spielt. „Besonders geschätzt wird die Beratung in sehr frühen Projektphasen, in denen es noch keine Festlegung auf Fachplaner oder auf das ausführende Unternehmen gibt“, ergänzt Höfferl. Wichtig sei dabei, dass der Service kostenlos und firmenunabhängig ist. Die meisten Anfragen kommen aus dem Bereich großvolumiger Wohnbau. Zu etwa einem Drittel geht es dabei um die Vermittlung von Holzbau-Basiswissen, das an private Bauherren, Gemeinden und Bauträgern weitergegeben wird. Sie stellen sich meist die Fragen, was im Holzbau gut machbar ist und wo es spezielle Anforderungen braucht. „Fast die Hälfte der Anfragen ist aber auch sehr konkret. Es geht meist um technische Fragestellungen. Natürlich dominieren da der Brand-, Schall- und Feuchteschutz. Aber auch Wartung und Wirtschaftlichkeit sind immer wieder wichtige Themen. Neben den technischen Hilfestellungen gibt es auch noch oft Fragen zu Ausschreibung und Vergabe“, weiß Höfferl, der in Wien und dem Burgenland allen Holzbauenthusiasten beratend zur Seite steht.

Ich schätze den guten Austausch mit der Holzforschung Austria. Zudem freue ich mich immer auf unsere gemeinsamen Netzwerktreffen und nutze sie, um mein Wissen zu erweitern. Baustellenbesichtigungen oder die Teilnahme an Fachtagungen sind auch immer sehr interessant. Bezüglich Holzbau hat man nie ausgelernt.

KathrinBraeuer_proHolz.jpg
Kathrin Zuckerstätter, Fachberatung Steiermark
© proHolz Austria

In der Beratung ist die vielfältigkeit an Aufgaben und gleichzeitig die Anzahl an Möglichkeiten eine Herausforderung. Ich spüre bereits ein Umdenken der Bauwirtschaft hinsichtlich Ökologie, dennoch entwickelt sich der Holzbau noch zu langsam. Hier braucht es in allen Bereichen noch mehr Mut.

PhilippZingerle_proHolz.jpg
Philipp Zingerle, Fachberatung Tirol
© proHolz Austria

Konkrete Anfragen versus Basisinformationen

Konkrete Fragen werden zum Großteil von Architekten und Fachplanern gestellt. In dem Bereich seien diese laut Höfferl meist bereits sehr detailliert. „Da wir unabhängig beraten, gibt es vergaberechtlich keine Hindernisse in der Beratung. Zudem können wir meistens auch sehr schnell eine Antwort liefern. Denn wenn man mitten in einem Wettbewerb steckt, kann man nichts mit einer Antwort in drei Monaten anfangen. Unter Zeitdruck braucht man schnell Antworten, die können wir liefern.“

Die meisten Anfragen kamen bei mir von Gemeinden und Architekten kurz vor der Einreichphase. Große Herausforderungen kommen auf uns Beraterinnen und alle Projektbeteiligten aber zu, wenn ein fertig geplantes Projekt auf einmal in Holzbauweise anstatt in mineralischer Bauweise ausgeführt werden soll. Mit Förderungen muss hier viel mehr in Richtung nachhaltige Bauwirtschaft gelenkt werden.

KristinaMaierhofer_proHolz.jpg
Kristina Maierhofer, Fachberatung Vorarlberg
© proHolz Austria

Es ist immer schön zu sehen, wenn Teilnehmer einer Exkursion großes Interesse am Holzbau zeigen und sich Ideen für eigene Projekte holen. Am allerschönsten ist es dann natürlich, wenn dann weitere Projekte entstehen. Der Holzbau könnte so beim mehrgeschossigen, großvolumigen öffentlichen Bau eine Vorreiterrolle übernehmen.

LisaSimader_proHolz.jpg
Lisa Simader, Fachberatung Oberösterreich
© proHolz Austria

Mit Vorurteilen aufräumen

Ein großes Anliegen der Fachberater ist es, mit Vorurteilen ganz schnell aufzuräumen und ein richtiges Verständnis für die Eigenschaften des Baustoffes Holz weiterzugeben. Ängste und Mythen über Probleme mit Feuchtigkeit, dem Brand- oder Schallschutz haben in der heutigen Zeit nämlich keinen Platz mehr. Denn mit der richtigen Planung sei ein Holzbau nicht komplexer, teurer oder anfälliger für Schäden. „Es ist bekannt, dass die Bauwirtschaft für einen großen Teil der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Der Facharbeitermangel macht den klassischen Bau nicht einfacher. Die Komplexität der Themen nimmt zu. In all diesen Bereichen kann der Holzbau punkten. Es ist aber wichtig, das Projekt dem eigenen Know-how anzupassen und sich gleich zu Beginn eine nicht zu schwierige Aufgabe zu stellen. Dabei kann das Team der Holzbaufachberatung gut unterstützen“, erklärt Höfferl. So wird ein Bürgermeister, der einen Kindergarten in Holz bauen will und fünf gute Beispiele aus seinem Bundesland braucht, genauso bedient, wie ein Planungsbüro, das konkrete Hilfe bei einem Balkon- oder Fensterdetail braucht. Die Bandbreite ist sehr groß. Schnell, leise, präzise und sauber seien immer die stärksten Argumente pro Holzbau.  

In Salzburg ist die Integration in das Team in Kuchl sehr gut und die Zusammenarbeit läuft perfekt. Die Kombination von bundesweitem Netzwerk mit Austausch untereinander und der Möglichkeit, lokale Bedarfe zu erkennen und abdecken zu können, funktioniert sehr gut. Es gibt viele Aktivitäten wie Exkursionen und Fachveranstaltungen sowie die individuelle Fachberatung.

ThomasBerger_proHolz.jpg
Thomas Berger, Fachberatung Salzburg
© proHolz Austria

Kooperationen mit Bildungseinrichtungen

Durch Kooperationen mit Forschungsinstitutionen, ständige Weiterbildung, Exkursionen und den Austausch untereinander dienen die acht Experten als kompetente Anlaufstellen für Fragestellungen in allen Prozessphasen. „Die Kooperationen laufen sehr gut.  Im Herbst 2023 ist die Stiftungsprofessur an der TU Wien gestartet und da gibt es auch mit uns Beratern einen sehr regen Austausch. Wir stehen auch mit anderen Bildungseinrichtungen, wie mit der Universität für Bodenkultur, dem FH Campus Wien, der TU Graz oder der FH Kärnten, im ständigen Kontakt. Für die Zusammenarbeit innerhalb des Teams der Holzbaufachberatung haben wir entschieden, uns ein Mal wöchentlich online über allgemeine Themen, aber auch zu konkreten Anfragen auszutauschen. Außerdem gibt es im Abstand von ein bis zwei Monaten physische Treffen, zum Beispiel im Rahmen einer Veranstaltung wie den Holzbautagen in Bad Ischl. Diese werden entweder für unsere eigene Weiterbildung oder für ein individuelles Schulungsprogramm in Kooperation mit der Holzforschung Austria genutzt. Dann stehen konkrete Themen, wie Schallschutzprüfstand, Brandschutzprüfung, CO2-Bewertung bei Gebäuden am Stundenplan. Diese Veranstaltungen kommen innerhalb des Teams immer sehr gut an“, berichtet Höfferl. 

Die Idee, dass Experten firmenneutral für eine ganze Branche und nicht für einen einzelnen Hersteller agieren, ist brillant. Die Tatsache, dass wir als Angestellte beraten und nicht neben einer unternehmerischen Tätigkeit und damit verbundenen Interessen, stärkt diese Unabhängigkeit.

ValentinFischer_proHolz.jpg
Valentin Fischer, Fachberatung Niederösterreich
© proHolz Austria

Wo liegen die größten Potenziale?

Die Bauwirtschaft entwickelt sich immer mehr in Richtung „Green Building“ und Nachhaltigkeit. Die proHolz Fachberater sorgen dafür, dass dies auch in den Köpfen der Entscheider ankommt und diese nicht weiterhin Gebäude in konventioneller, mineralischer Bauweise errichten. Architektonisch orten die Fachberater das größte Potenzial in der Sanierung und Nachverdichtung. Zudem sei Laubholz als Werkstoff der Zukunft mittel- bis langfristig sicherlich interessant. Hierbei seien mehr Innovationen mit verschiedenen Holzarten gefragt. Worüber sich alle Fachberater einig sind ist die Tatsache, dass Holz als Baustoff enorm vielfältig ist. „Im modernen Holzbau wird die Baustelle zur ‚Zusammenbaustelle‘ und die Bauprozesse müssen neu gedacht werden“, erklärt Höfferl. Aktuell werde bereits weltweit gezeigt, was im Holzbau alles möglich ist. Dieses Know-how müsse an Architekten, Ingenieure und Ausführende rasch weitergegeben werden. „Der Holzbau hält Antworten auf viele Zukunftsfragen bereit. Ihn zu verbreiten, ist weit spannender als in herkömmlichen Bauweisen zu verharren.“ Man würde aus diesem Grund noch mehr Werbung und Marketingaufwand begrüßen, damit wirklich jeder in Österreich über die kostenlose Serviceleistung der proHolz Fachberater Bescheid weiß.

Ich versuche immer, ein Verständnis für die Eigenschaften des Baustoffes Holz zu vermitteln sowie mit Ängsten und Mythen bezüglich Schall- und Brandschutz aufzuräumen.

AdamThemessl_proHolz.jpg
Adam Themessl, Fachberatung Kärnten
© proHolz Austria