Die Wohnanlage bietet verschiedene Haustypen: von der klassischen Doppelhaushälfte bis zum Wohnbau mit maximal vier Wohneinheiten. Die Aufteilung des Außenraums ist jedoch nicht mit normalen Wohnsiedlungen vergleichbar. Jeweils acht bis zehn Häuser sind um kleine Höfe zu Gemeinschaften gruppiert, die sich diese gemeinsame Freifläche teilen. So entstehen innerhalb des Quartiers kleine Nachbarschaften. Im Gegenzug wurden die privaten Außenflächen sehr klein gehalten. Die befahrbaren Flächen im Quartier wurden auf ein Minimum reduziert. Im Mittelpunkt der Anlage befindet sich ein „Dorfplatz“ mit Gemeinschaftshaus, einer zentralen Streuobstwiese, einem gemeinschaftlichen Nutzgarten und einem Spiel- und Feierbereich. Diese Flächen stehen allen Quartiersbewohnern und auch der Nachbarschaft offen. Auch die Technikzentrale findet hier ihren Platz. Die Idee der Architekten folgte trotzdem dem Gedanken der Verdichtung. Die umgebende Bebauung ist geprägt von Einfamilienhäusern mit großen Gärten. Dem wollten die Planer im von Wohnraumnot geplagten Berlin etwas entgegensetzen und entwickelten diese sanfte Verdichtung, die trotzdem viel Freifläche für die Gemeinschaft vorhält. So holt „Kokoni One“, so nennt sich die Siedlung, die räumliche Qualität des Landes an den Stadtrand. Möglich war dies in der bebauungsplanfreien Zone durch ein nahe gelegenes Reihenhausquartier, auf das sich die Planer im Genehmigungsverfahren beziehen konnten.
Baumaterialien im Fokus der Planer und Bewohner
Die Wohnqualität im Holzbau war eines der großen Argumente für dieses Projekt bei den meisten Käufern. Das Baumaterial sieht man dem Quartier schon von Weitem an: Die sichtbar geschraubte senkrechte Fassadenlattung aus Lärche ist unbehandelt und wird mit der Zeit vergrauen. Doch auch der Nachbarschaftsgedanke kommt gut an bei den neuen Bewohnern. „Man sieht das Holz an den Fassaden und in den Innenräumen. Das ist für Berlin etwas sehr Besonderes. Auch das Spannungsfeld zwischen Holzfassade und den reinen PV-Flächen auf dem Dach ist sehr ungewöhnlich“, berichtet der Architekt und Projektleiter Jan Schreiber von ZRS Architekten Ingenieure. Die Planer nahmen ein spezielles Berliner Element mit in ihren Entwurf auf: „Die Dachform leitet sich vom Berliner Dach ab, das zur Straßenseite steil ansteigt und nach hinten abfällt. Das erwies sich als sehr günstig hinsichtlich der Wohnraummaximierung, da wir so mehr Wohnfläche generieren konnten“, führt der Planer weiter aus. Eine Besonderheit der Dächer: Sie sind komplett mit Photovoltaik belegt und somit ein zentraler Baustein des Energiekonzepts. Auch die Baumaterialien standen immer wieder im Fokus der Planer: Das hinterlüftete Dach zum Beispiel wurde mit Zellulose gedämmt und konnte durch die PV-Module zum Teil sehr flach ausgeführt werden.
Langfristig flexibel
Das Quartier bietet verschiedene Häusertypen mit Wohnflächen zwischen 95 und 167 m² beziehungsweise drei bis siebeneinhalb Zimmern. So finden hier Familien oder Wohngemeinschaften mit zwei bis fünf Personen ein neues Zuhause. Die Innenwände sind zum Großteil nicht tragend, sodass spätere Grundrissänderungen leicht zu realisieren sind. Die Häuser stehen jeweils auf einer gemeinschaftlichen Bodenplatte. Dies brachte nicht nur eine Ersparnis bei den Errichtungskosten, sondern hat noch einen anderen Hintergrund. Anders als in den klassischen Reihenhaussiedlungen handelt es sich hier rechtlich um WEGs, sodass die Häuserzeilen als ein Gebäude betrachtet werden konnten. Das bedeutete erhebliche bauliche Erleichterungen, zum Beispiel beim Brandschutz und dem Regenwassermanagement, und wirkte sich positiv auf den Kaufpreis aus. „Die einzelnen Einheiten trennt eine zweischalige Holztafelbaukonstruktion mit Luftschicht. Der Schallschutz innerhalb der einzelnen Wohneinheiten wurde mit einer 8 cm starken Schüttung gelöst. Das ist ziemlich gut und erfüllt schon fast die Anforderungen des Geschoßwohnungsbaus“, erklärt Schreiber. Die Außenwände sind in Holztafelbauweise mit Zellulosedämmung ausgeführt, die Geschoßdecken wurden in Brettsperrholz mit Sichtholzdecken gefertigt.
Klimaneutrale Quartiersversorgung
Das Energiekonzept des neuen Quartiers ist, ähnlich wie die Außenraumaufteilung, nicht in einzelnen Wohneinheiten gedacht, sondern übergreifend angelegt. Die Anlage verfügt über ein Photovoltaik-System, Wärmepumpen für die brennstofffreie Wärmeversorgung und ein E-Mobilitätskonzept. Den erzeugten Strom aus den dachintegrierten Solaranlagen bietet ein Stromanbieter als kostengünstiges Mieterstromprodukt an. Er kann so direkt im Haus oder über die Wallbox für ein Elektroauto genutzt werden. Darüber hinaus punktet das Quartier mit einer gut durchdachten Wärmeversorgung: 68 Erdwärmesonden entziehen dem Boden Energie und führen sie zwei zentralen Wärmepumpen zu, die sie auf eine Temperatur von
40° Grad Celsius verdichten. Die so nutzbare Heizwärme wird über ein gedämmtes Niedertemperatur-Nahwärmenetz in die einzelnen Gebäude verteilt. Warmwasser wird in jedem Haus per Durchlauferhitzer erzeugt, die wiederum direkt durch die Photovoltaik-Anlagen mit Energie versorgt werden, sodass das Trinkwasser nicht unnötig erhitzt wird und Energieverluste vermieden werden können.
In den Sommermonaten werden die Energieflüsse im Energiesystem umgedreht und die Gebäude gekühlt: Überschüssige Wärme wird ihnen entzogen, durch das Netz zu den Wärmesonden geführt und in das Erdreich abgeführt. Ergänzend speichert Kokoni One bei hohen Temperaturen auch Wärme aus der Luft, die später zum Heizen der Gebäude verwendet werden kann. Die Planer rund um Jan Schreiber ziehen ein positives Fazit: „Das Konzept kommt gut bei den Menschen an. Daher ist bereits eine ähnliche Nachfolgesiedlung in Planung.“
Projektdaten
Standort: Berlin
Projektentwicklung: INCEPT
Status: in Bau
Architektur, Tragwerksplanung, Brandschutz, Bauphysik:
ZRS Architekten Ingenieure mit Bruno Röver
TGA: HDH Berlin
Energiekonzept: Ingenieurbüro Hausladen
Holzbau: Terhalle Holzbau
Landschaftsplanung: Schönherr Landschaftsarchitekten
Wohnfläche: rund 12.000 m2
Systemlieferant: Swiss Krono