Das von Beginn an als Holzbau ausgeschriebene Universitätsgebäude wurde von Delta und SWAP Architekten gemeinsam entworfen. Den Planern waren dabei vor allem der Dialog zwischen Innen und Außen und ein ehrlicher Umgang mit den Baustoffen ein großes Anliegen. Dementsprechend wurden die Oberflächen und auch die Haustechnik in Sicht belassen. Letzteres sei für manche womöglich zuerst gewöhnungsbedürftig, aber schlussendlich bringe die vereinfachte Zugänglichkeit auch Vorteile für den Nutzer bzw. die Gebäudebetreuung, erzählt Roman Smutny vom Facility Management der BOKU.
Bezug zur Umwelt
Dem Geist der BOKU entsprechend legte man großen Wert darauf, die Natur, welche den Neubau im Norden und Osten umgibt, mit raumhohen Verglasungen ins Gebäude zu holen. Umlaufende Parapete schaffen zudem zusätzliche Sitzplätze und bieten Anschlüsse für Mobilgeräte. In den unteren beiden Geschossen, wo sich mit den Seminarräumen und der Bibliothek die personenintensiven Räume befinden, wird die Tragstruktur zum Gestaltungselement, der großzügige Fassadenraster an der Deckenkonstruktion fortgeführt. Im Eingangsgeschoss können die Seminarräume und das Foyer für größere Veranstaltungen zusammengeschlossen werden, die Verglasungen lassen sich öffnen und so die Terrasse, welche nun von Studenten gestaltet werden soll, erweitert. In den oberen beiden Geschossen befinden sich die Institutsräume samt Besprechungszimmer und Teeküche. In einer dieser Teeküchen befindet sich übrigens der einzige Sanitäranschluss im gesamten Holzbau, die übrigen Anschlüsse wurden im Stiegenkern gelegt – „schließlich ist die Feuchtigkeit die einzige Gefahr für den Baustoff Holz“, scherzt Rudolf Stürzlinger, Geschäftsführer von Delta.
Der digitalisierte Holzbau
Ein zentrales Kernstück des Projekts war das integrale BIM-Modell, das ein Monitoring der Holzbauteile vom Werk bis zur Fertigstellung und darüber hinaus ermöglicht. Hier hat der Systemlieferant Stora Enso seine eigene CLT 360-Technologie eingebracht und versah die vorgefertigten Holzbauelemente mit Sensoren, die während Transport und Bauphase aktuelle Temperatur- und Feuchtigkeitswerte lieferten. Mittels dem 3D-Modell habe man außerdem schon vor Baubeginn den Bauherren bzw. zukünftigen Nutzern vorab ermöglicht, den Holzbau zu erkunden und potenzielle Probleme von Anfang an aus dem Weg zu räumen. In nur 14 Monaten wurde dann der Neubau errichtet, der Holzrohbau stand innerhalb von sechs Wochen. Christoph Falkner von SWAP Architekten erzählt: „Wichtig war uns auch, jene Gewerke, die noch nicht so viel Erfahrung mit Holzbau hatten, für den Baustoff zu sensibilisieren. Denn die vorgefertigten Elemente kommen in hoher Qualität auf die Baustelle, weshalb an manchen Stellen mehr Vorsicht geboten ist.“
Vorbildliche Nachhaltigkeit
Mit 965 von 1000 möglichen Punkten erreicht der Bau das österreichische Qualitätszeichen klimaaktiv Gold. „Dank Holzbauweise und Energieeffizienz, die sich auch aus der Kompaktheit des Baukörpers ergibt, kann man von einem CO2-neutralen Bau sprechen“, so Falkner. Das Haus ist an die Fernwärme angeschlossen und verfügt über eine Fußbodenheizung bzw. -kühlung. In den personenintensiven Räumen sorgt neben dem Baustoff Holz eine kontrollierte mechanische Be- und Entlüftung mit Wärme- und Feuchterückgewinnung für ein angenehmes Raumklima. „Holz ist aufgrund seiner ökologischen Bedeutung, seines Potenzials für die Bauwirtschaft und der architektonischen Möglichkeiten ein ganz besonderer Baustoff. Das Ilse Wallentin Haus ist ein sichtbarer Beweis dafür – hier wurde innerhalb kurzer Zeit ein klimaschonendes Universitätsgebäude errichtet, das sich perfekt in den Campus der BOKU rund um die Türkenschanze einfügt“, freut sich Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer der BIG, die als Bauherr auftrat, bei der Eröffnung. „An der Universität für Bodenkultur profitieren zukünftig nicht nur die Studierenden und Forschenden, sondern vor allem auch das Klima. Das Gebäude ist das erste Gebäude in Holzbauweise im Universitätsbereich in Wien und trägt mit einem sehr niedrigen Ausstoß von CO2 zum Klimaschutz bei“, so Wissenschaftsminister Heinz Faßmann.
„Im Holzbau sehen wir noch sehr viel Potenzial. Daher haben wir eine Holzbauoffensive in der Höhe von 60 Mio. € auf den Weg gebracht. Damit wollen wir den Holzbau in den nächsten Jahren vor allem im öffentlichen Bereich auf die Überholspur bringen“, macht Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger Hoffnung auf weitere große österreichische Holzbauvorhaben in naher Zukunft. Laut Hubert Hasenauer, Rektor der BOKU, plant die Universität bereits, ein weiteres Gebäude in Holzbauweise an der Türkenschanze zu errichten.