Gebaut für Generationen

Ein Artikel von Birgit Gruber | 18.12.2024 - 09:02

Umgeben von markanten Sehenswürdigkeiten wie dem Präsidentenpalast und dem Dom von Helsinki ist Kauppatori auch eine Gegend mit architektonischer und historischer Relevanz. Keinen besseren Schauplatz hätte Stora Enso für seinen neuen Hauptsitz wählen können. Denn eines der größten Holzverarbeitungsunternehmen und der Verpackungsmittelhersteller will damit ein klares Statement in Richtung nachhaltige Zukunft abgeben. Zwei Jahre lang wurde am Projekt Katajanokan Laituri (übersetzt Katajanokka Pier) getüftelt und gebaut. Die Gebäudestruktur wurde in nur sieben Monaten errichtet.

„Für mindestens 100 Jahre“

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Der neue Komplex nimmt die Blockstruktur des Katajanokka-Viertels auf. Den Bewohnern der finnischen Hauptstadt steht ein neuer öffentlicher Raum zur Verfügung, und das direkt am Hafen. © Kalle Kouhia

„Das Gebäude ist ein Meilenstein für die moderne Verwendung von Holz. Es überschreitet Grenzen und zeigt, was mit dem klimafreundlichen Baustoff möglich ist. Kein anderes kommerziell verfügbares Baumaterial kann das. Die eingesetzten Holzelemente entzogen der Atmosphäre während des Baumwachstums 6000 t CO2 und speichern diese im Gebäude für mindestens 100 Jahre“, sagt CEO Hans Sohlström. Im Oktober wurde bereits die Eröffnung gefeiert. „Diese Kohlenstoffspeicherung ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass das Heizen und Kühlen des Gebäudes und andere betriebliche Aktivitäten in den nächsten 50 Jahren die gleiche Menge an CO2-Emissionen erzeugen würden“, ergänzt Projektleiter Antto Kauhanen. Katajanokan Laituri beherbergt neben dem neuen Headoffice von Stora Enso auch das Solo Sokos Hotel Pier 4. Das Gebäude verfügt zudem über öffentlich zugängliche Bereiche, die es Besuchern ermöglichen, die außergewöhnliche Architektur selbst zu erfahren. Als Entwickler tritt die Pensionsversicherungsanstalt Varma auf. Ein Architekturwettbewerb entschied über Konzept und Pläne. Der Vorschlag des finnischen Büros Anttinen Oiva Architects ging dabei als Sieger hervor. Nach den Kriterien der Jury verbindet er die Anforderungen an den städtebaulichen Rahmen mit landschaftlichen, funktionalen, ästhetischen, technischen und wirtschaftlichen Ansprüchen in ausgewogener Weise. Selina Anttinen, Partnerin bei Anttinen Oiva, erklärt: „Das Ziel war es, eine ruhige Präsenz in der historischen Umgebung zu schaffen, aber gleichzeitig einen interessanten neuen Ort für die Stadtbewohner zu bieten.“ Mit einer Fläche von 23.000 m2 ist Katajanokan Laituri derzeit das größte Holzgebäude Finnlands.

Mit der Natur verwurzelt

Finnland hat in den vergangenen Jahrzehnten eine führende Rolle im Holzbau übernommen, was vor allem auf den Waldreichtum des nordischen Landes und die hochentwickelte Forstwirtschaft zurückzuführen ist. Ein wesentlicher Teil der finnischen Identität ist tief mit der Natur verwurzelt. Dies hat Architekten, Bauunternehmer und Planer dazu veranlasst, den Holzbau als großen Eckpfeiler bei den Bestrebungen des Landes zur Erreichung der Kohlenstoffneutralität zu betrachten. Bemerkenswert ist, dass das vierstöckige Gebäude aus etwa 7600 m3 Holz besteht. Das statische Tragwerk wurde aus mehr als 2000 tragenden Holzelementen errichtet, die aus den Stora Enso-Werken Gruvön in Schweden sowie Varkaus in Finnland stammen. „Die tragenden Stützen und Balken aus Furnierschichtholz (LVL) wurden vom finnischen Holzspezialisten Punkaharjun Puutaito Oy (PPT), einem Unterauftragnehmer von Stora Enso, weiterverarbeitet. Stora Enso stellte LVL im finnischen Werk Varkaus her und lieferte die LVL-Platten an PPT, wo sie zugeschnitten und auf die endgültigen Maße blockverleimt wurden, bevor die Stützen und Balken geschliffen und mit einem UV- und Feuchtigkeitsschutz für eine lange Haltbarkeit behandelt wurden. Das zweite Massivholzprodukt, das auf dem SylvaTM-Bausatz von Stora Enso basiert, ist Brettsperrholz (BSP). BSP wurde für unsere Böden, Wände und Dachelemente verwendet”, weiß Kauhanen. 

Tageslicht verändert Erscheinungsbild des Gebäudes

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Runde Formen und lichtdurchflutete Atrien bestimmen den wohnlichen Charakter der neuen Unternehmenszentrale. © Kalle Kouhia

Sogar die Aufzugsschächte und Treppen sind aus millimetergenauen BSP-Elementen gefertigt. In Katajanokan Laituri sind auch die Fensterelemente aus Holz. Die 700 umlaufenden Fenster bieten einen wunderschönen Blick auf Helsinki und tauchen die Nutzer in nordisches Licht. Alle verwendeten Produkte sind laut Hersteller PEFC-zertifiziert und stammen aus nachhaltig bewirtschafteten, nordischen Wäldern. Während die Außenfassade des Gebäudes aus Glas, Metall und Stein besteht, ist die Innenverkleidung größtenteils aus Holz. „Eine doppelte Hülle war die optimale Lösung in einem architektonisch und technisch anspruchsvollen, maritimen Umfeld“, erklärt Anttinen. Das Erscheinungsbild des Gebäudes verändert sich je nach Tageszeit und Lichtverhältnissen und passt sich den verschiedenen architektonischen Stilen der umliegenden historischen Gebäude an.

171 Just-in-time-Lieferungen

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© Tuomas Uusheimo

„Durch den Einsatz unseres Sylva-Bausatzes konnten wir dieses Gebäude an einem frequentierten Platz in dichter Umgebung besonders effizient bauen. Die tragenden Holzelemente wurden in 171 Just-in-time-Lieferungen in weniger als sieben Monaten vor Ort installiert. Außerdem erlaubt die Struktur unseres ‚Mixed Use Building Concepts‘ für das Bauwerk eine spätere Anpassung an zukünftige Bedürfnisse. Sollte es nicht mehr als Hotel oder Büro genutzt werden, kann es flexibel umgestaltet werden“, sagt Kauhanen. Im Vergleich zu einem Gebäude aus Beton führte die Verwendung von Holz zu einer beachtlichen Reduzierung der Treibhausgase um 35 %. Dafür hat der neue Hauptsitz auch die höchste Umweltauszeichnung LEED Platin für Gebäude erhalten.

Projektdaten

Standort: Helsinki, Finnland
Bauherr: Pensionsversicherungsanstalt Varma
Bauzeit: 2022 bis 2024
Architektur: Anttinen Oiva Architects
Holzbau: Puurakentajat Rakennus Oy
Holzlieferant: Stora Enso
Tragwerksplanung: Sweco
Verbaute Holzmenge: 7630 m³ 
Baufläche: 23.000 m²