Ein Denkmal gebaut

Ein Artikel von Birgit Gruber | 30.09.2024 - 10:54
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Statt auf die grüne Wiese umzuziehen, hat sich Team 7 entschieden, am innerstädtischen Standort in Ried im Innkreis zu bleiben und diesen zu verdichten. © Kurt Hörbst

Denn die neue Zentrale ist ein beeindruckender Holzbau, der bewusst ohne Klimaanlage auskommt und zu 100 % mit erneuerbarer Energie arbeitet. Die neue Team 7 Welt sei „eine gebäudegewordene Philosophie“, sagt Firmeninhaber Georg Emprechtinger. Mit dem Spatenstich zur neuen hölzernen Team 7 Welt am 6. Juli 2021 wurde eine Vision zur Wirklichkeit. Innerhalb von zwei Jahren entstand durch die Kombination modernster Technik mit echtem Handwerk ein Ort der Inspiration und Innovation. Die Geschäftsführung spricht von der größten Investition in der Firmengeschichte eines Unternehmens, das 1959 von Erwin Berghammer als kleine Tischlerei gegründet wurde. Seit 2006 ist Dr. Georg Emprechtinger alleiniger Eigentümer von Team 7. „Damit bekennen wir uns als gesamte Familie zur Region und zu ihrer einzigartigen Handwerkstradition“, erklärt er. Auch die Nachfolge ist mit Sohn Stefan, einem bekennenden Holz(bau)fan, bereits geklärt: „Die Berührung und der Anblick von natürlichem, offenporigem Holz erzeugen instinktiv ein Gefühl von Geborgenheit und Ruhe. Ich denke, das ist tief im Menschen verankert“, schwärmt Stefan Emprechtinger.

Absage an Stararchitekt Shigeru Ban

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Der Eingang der neuen Team 7 Welt in Ried im Innkreis ähnelt einem Blätterwald. © Kurt Hörbst

Eigentlich wollte sich Emprechtinger schon viel früher ein Denkmal bauen. 2016 wurde dafür sogar ein internationaler Wettbewerb für den Neubau der Team 7-Zentrale ausgeschrieben, aus dem der Pritzker-Preisträger Shigeru Ban als Sieger hervorging (holzbau austria berichtete). Die Jury des Möbel- und Plattenherstellers überzeugte der japanische Stararchitekt mit einem innovativen Nullenergie-Holzgebäude, das die Liebe zum Naturholz und die Vision von einem modernen nachhaltigen Lebensstil ideal verkörpert: „Das Design von Shigeru Ban trifft mitten ins Herz und in die Seele von Team 7“, sagte Emprechtinger damals. Doch war die Zeit noch nicht reif. „Die Statik bei diesem Entwurf war so aufwendig, dass es wirtschaftlich nicht realisierbar gewesen wäre. Deshalb hat man das Projekt vorerst auf Eis gelegt“, weiß Architektin Alexandra Gierlinger von Matulik Architekten. Im August 2020 hat man schließlich die Rieder Planer als Lokalmatador mit ins Boot geholt, als eine coronabedingte AWS-Förderung für Team 7 eine Investition von insgesamt rund 47 Mio. € für den Neubau möglich machte.

Auf Exkursionen in Vorarlberg

Mit einem gut ausgearbeiteten Portfolio aus dem vorangegangenen Wettbewerb in Händen machten sich Matulik Architekten an die Neukonzeptionierung. Eines war von vornherein klar: Die Ansprüche an den neuen Betriebsstandort waren sehr hoch. „Die Entscheidung über einen Holzbau war einfach die beste. Wir mussten in Richtung Skelettbauweise gehen, weil das neue Bürogebäude sehr flexibel in Sachen Arbeitsplätze sein sollte“, weiß Gierlinger, die sich sehr viel mit Holzbau beschäftigt und gebaute Beispiele aus Vorarlberg von ihren vielen Exkursionen als Inspiration mitnahm. „Wir konnten deshalb sehr schnell in die Planung einsteigen. Der erste Entwurf im September 2020 hat zum Glück gleich gepasst. Denn um die Förderungskriterien zu erfüllen, mussten wir bereits Ende Oktober einreichen“, erzählt Gierlinger über einen äußerst knappen Zeitplan. Mit dem Holzbauunternehmen Wiehag als zweitem Lokalmatador an der Seite konnte laut Architektin ohnehin nichts schiefgehen. „Der ursprüngliche Entwurf von Shigeru Ban war futuristisch, teilweise sehr filigran und wäre schwierig umzusetzen gewesen. Ich denke, Matulik Architekten ist es gelungen, ein funktionales, architektonisch nicht weniger ansprechendes Gebäude mit klarer Formensprache zu entwerfen, welches wir dann gerne umgesetzt haben“, sagt Wiehag-Projektleiter Florian Kinz. Die Zusammenarbeit sei lösungsorientiert und zielgerichtet gewesen.

Die Berührung und der Anblick von natürlichem, offenporigem Holz erzeugen instinktiv ein Gefühl von Geborgenheit und Ruhe. Ich denke, das ist tief im Menschen verankert.

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Georg Emprechtinger, Firmeninhaber Team 7
© michael liebert photography

170 gesunde Arbeitsplätze

Mit Ausnahme der Tiefgarage und Stiegenhäuser ist die neue Team 7 Welt ein reiner Holzbau. Von den verbauten 5500 fm Rundholz stammen rund 1000 fm aus dem Team 7-eigenen Wald. Im Gebäude arbeiten seit der Eröffnung im Vorjahr 170 Menschen an ergonomischen Arbeitsplätzen. Zusätzlich finden sich im Haus über zwei Stockwerke ein Team 7-Store, die Team 7-Akademie mit mehreren großen Seminarräumen, die auch für Veranstaltungen genutzt werden können, das Restaurant MYC, ein Gastgarten und eine Skybar mit Showküche im obersten Stockwerk. Kinz erklärt den Aufbau im Detail: „Es handelt sich um einen Holzskelettbau aus Fichten-Brettschichtholz (BSH) mit vorgehängter Fassade aus Riegelelementen im Brüstungs- und Sturzbereich mit dazwischenliegender Holz-Pfosten-Riegel-Fassade. Auch die Gebäudehülle wurde aus Fichten-BSH hergestellt. Die Decken- beziehungsweise Dachkonstruktion ist mit einer vorelementierten Brettstapeldecke ausgeführt. Eine Besonderheit stellen die zwei Fachwerke im Eingangsbereich dar, welche auf eine Weite von ca. 22,5 m die Last von drei Stockwerken abtragen. Ein weiteres Hauptaugenmerk wurde auf die holzbaugerechte Planung sämtlicher Anschlüsse im Terrassen- und Dachbereich gelegt, zusätzlich wurde auch ein Monitoringsystem eingesetzt, um dem Bauherrn maximale Sicherheit zu garantieren.“ Straßenseitig wurden senkrechte Sonnenschutzlamellen aus unbehandelter Eiche installiert. Mit einer Gesamtnutzfläche von 6100 m2 auf vier Ebenen kommt der Bau gewaltig daher und lässt die Erinnerungen an eine ehemalige Containerlösung am Standort schnell verblassen. Die Mitarbeiter seien nun froh, in einem gesunden Holzbau zu arbeiten und ganz nah am erzeugten Produkt zu sein, freut sich die Architektin. „Holz, Technik, Handwerk, Design, Architektur – all das haben wir in der Team 7 Welt lebendig werden lassen“, sagt Georg Emprechtinger stolz. Die neue Firmenzentrale sei nicht nur ein Bekenntnis zur Region, sondern auch zu den Werten des Unternehmens. Das neue Gebäude sei „richtungsweisend, was die Ökologie betrifft“, ergänzt Produktionsgeschäftsführer Hermann Pretzl. 

Lowtech-Ausstattung und Energiezentrale

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Auch die Materialwahl im Gebäude erfolgte nach ökologischen Kriterien. Dabei wurden erdölbasierte Produkte und Verbundstoffe bewusst vermieden. © Kurt Hörbst

Team 7 setzt auch beim Energiekonzept auf eine konsequente Umsetzung: Die Beheizung und Kühlung des Gebäudes erfolgen vollständig ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe. Im Zentrum der Anlagentechnik steht eine hochmoderne Energiezentrale, ausgestattet mit Wärmepumpen, Pufferspeichern, einer Biomasse-Heizanlage und einem Notstromaggregat. Durch dieses innovative Energiekonzept und die Minimierung der Haustechnik ist die Team 7 Welt besonders wartungsarm, ressourcenschonend und energieeffizient. Das Raumklima im neuen Gebäudekomplex bleibt durchgehend angenehm – ganz ohne den Einsatz einer Klimaanlage. Dies wird ermöglicht durch einen durchdachten Mix aus natürlicher Verschattung durch Vordächer, Sonnenschutzscreens und Sonnenschutzlamellen. Automatische Lüftungsklappen öffnen sich in der Nacht oder wenn ein gewisser CO2-Grenzwert in den Innenräumen erreicht wird. Zusätzlich wird die Fußbodenheizung je nach Bedarf zur Beheizung oder Kühlung der Räume genutzt. „Mit den Bauphysikexperten von Spektrum aus Dornbirn hatten wir hier tolle Partner im Team. Gemeinsam haben wir es geschafft, dass die Bürotrakte gänzlich ohne mechanische Lüftung auskommen und trotzdem ein behagliches Klima im Inneren herrscht“, freut sich Gierlinger. Den Anstoß zu Lowtech gab der Chef höchstpersönlich: „Klimaanlagen hasse ich, ich mag lieber frische Luft“, sagt Georg Emprechtinger, der sich mit der Errichtung der Team 7 Zentrale in Ried im Innkreis einen Lebenstraum erfüllt hat.

Naturprodukte ergänzen Gesamtkonzept

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Straßenseitig wurden senkrechte Sonnenschutzlamellen aus unbehandelter Eiche installiert. Die insgesamt 6000 fm Rundholz stammen zum Teil aus dem eigenen Firmenwald. © Kurt Hörbst

Auch die Materialwahl im Gebäude erfolgte nach ökologischen Kriterien. Dabei wurden erdölbasierte Produkte und Verbundstoffe bewusst vermieden. Im Innenraum gibt es Holzsichtoberflächen, Akustikelemente mit Wollstoffen und Schafwolle, ergänzt durch die hauseigenen Vollholzmöbel sowie Linoleum und Lehm-Kasein-Böden. Auch die Lage des Holzbauunternehmens nur 25 Autominuten zum Projektgrundstück war in Zeiten von weltweiten coronabedingten Bauverzögerungen ideal: „Zum einen durch den Transportvorteil, der sich einerseits wirtschaftlich widerspiegelt und andererseits natürlich auch in der CO2-Bilanz positiv zu Buche schlägt. Zum anderen kann so eine gewisse Flexibilität sowohl in der Planung, als auch in der Ausführung gewährleistet werden. Wir haben zum Beispiel auch ein funktionelles und architektonisches Mockup bei uns in Altheim aufgebaut, das immer wieder besichtigt und adaptiert wurde und uns als Entscheidungsgrundlage diente“, weiß Kinz.

Das Gesamtkonzept ist stimmig. „Damit inspiriert die Premiummarke aus Österreich die Menschen zu einem nachhaltigen Lebensstil“, ist man sich bei Team 7 sicher. Seit August 2023 können sich Interessierte davon vor Ort selbst überzeugen, entweder bei einem Besuch im Restaurant oder im Team 7-Store. 

Projektdaten

Standort: Ried im Innkreis
Bauherr: Team 7 Natürlich Wohnen
Architektur: Matulik Architekten
Holzbau & Tragwerksplanung: Wiehag Timber Construction
Bauphysik, Raumakustik: Spektrum
Brandschutz: IBS – Technisches Büro
Planung: 09/2020
Ausführung: 07/2021 - 08/2023
Grundstücksfläche: 5336 m²
Nutzfläche: 6100 m²
Verbaute Holzarten und -menge: Fichte: 900 m³ BSH-Tragstruktur, 1100 m³ Profidec (Brettstapeldecke), 280 m³ Wandelemente (Rippen, Holzwerkstoffe); Eiche (vom Bauherr zur Verfügung gestellt): 100 m³ Eichenschalung an der Gebäudeaußenseite