Ressourcenschonend Bauen mit Holz

Ein Artikel von Milena Karanesheva | 19.07.2024 - 08:42
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Ressourcenschonung im Einfamilienhaus: beim Projekt Marly kein Widerspruch. Der Holzbau setzt auf Holzwolle, Zellulose sowie Kork im Passivhausstandard. © Schnepp*Renou

Der Begriff Ökonomie wird oft mit Rentabilität beziehungsweise Wirtschaftlichkeit gleichgesetzt. Das Wort geht ursprünglich aber tiefer und stammt vom griechischen Oikonomìa (oikos = Haus, Haushalt; nomìa = Gesetz, Lehre). Haushalte, also Oikoi, hatten laut Aristoteles die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle im Haus lebenden Menschen bekommen, was sie zum Leben brauchen und die Ressourcen in diesem Sinne zu „verwalten“. Oikonomìa besteht laut Vitruv in der Aufteilung und Nutzung der Ressourcen hinsichtlich der Beständigkeit (firmitas), Nützlichkeit (utilitas) und Schönheit (venustas) von Gebäuden.

Wie blicken wir heute darauf, wo Bauen von Industrialisierung und Normen stark geprägt ist? Wenn wir vom ressourcenschonenden Bauen reden, denken wir in erster Linie an den Verbrauch von Materie und Energie und die damit verbundenen CO2-Emissionen. Es geht aber um viel mehr. Flächenverbrauch sowie Wiederverwendung von Materialien und Gebäuden spielen eine mindestens ebenso große Rolle.

Bei Oikonomìa geht es aber auch darum, den vielfältigen und schwer „normierbaren“ Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. Für das Wohlbefinden sind sowohl die räumliche Anordnung – Proportionen, Licht, Blickbeziehungen, Ergonomie etc. – als auch die Materialien von Bedeutung. Ihre optische, olfaktive, akustische und haptische Beschaffenheiten beeinflussen Gemüt, Gesundheit, Orientierung im Raum. Hierfür spielen Holzbau und natürliche Materialien eine wichtige Rolle. 

Haus Marly

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© Schnepp*Renou

Bei der Planung des Einfamilienhauses Marly war es unser Ziel, auf dem 300 m2 kleinen, im Rahmen einer Nachverdichtung entstandenen und mit etlichen Auflagen belegten Grundstück möglichst viel Außenraum zu bewahren. So entstand ein Haus, das über dem Gelände zu schweben scheint und einen großzügigen, überdachten Eingangsbereich bildet, der durch Schrägen mit dem Garten verbunden ist und zur Freude aller Nachbarskinder eine Vielfalt an Parcours bietet. Ein Lichtband trennt optisch das Ober- vom Sockelgeschoß und sorgt damit für natürliche Belichtung.

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Einfamilienhaus Marly  © Schnepp*Renou

Die 3,5 m lange Auskragung im ersten Stock überdacht die nach Südwesten blickende Terrasse und schützt vor dem ortstypischen Nieselregen. Die diskrete Schräge an der Nordfassade öffnet die Perspektive vom Garten gen Himmel. Bis auf die erdberührenden Bauteile ist die gesamte Konstruktion in Kreuzlagenholzplatten ausgeführt und mit ökologischen Baustoffen – Holzwolle, Zellulose, Kork – auf Passivhausstandard gedämmt. Die Wohnräume ordnen sich dicht um die sich heraufschlingende zentrale Stahltreppe. Es entsteht ein offener, ergonomischer Grundriss, der durch die vielen Blickbeziehungen nach innen und außen trotz minimaler Dimensionen räumlich großzügig und vielfältig wirkt.

Projektdaten

Planung und örtliche Bauaufsicht: KARAWITZ, Paris
Tragwerksplanung: Ingénierie Bois, Bischheim PHPP (Passive House planning package)
Bauphysik: Solares Bauen, Strasbourg
Ausführung Holzbau: Sacet Charpente, Dijon
Wohnfläche: 145 m2

Haus Villerez

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Das Haus Villerez schwebt über einer bestehenden Natursteinmauer. © Schnepp*Renou

Über der bestehenden Natursteinmauer schwebend, fügt sich das Haus Villerez behutsam in den historischen Kontext des kleinen Ortes Lorrez-le-Bocage. Aus Respekt vor der bestehenden Bausubstanz sowie um die Auswirkungen auf die Natur möglichst gering zu halten, wurde das Bauvolumen so schonend wie möglich auf das Familiengrundstück hinzugefügt.

Dank einer komplett vorgefertigten Konstruktion in Holzrahmenbauweise sowie Fundamenten aus Stahlpfählen, wurden Beton und Bodenversiegelung vermieden, Bestand und Vegetation blieben weitestgehend unberührt. Somit wird das Haus am Ende seines Lebens keine Spuren hinterlassen.

Die einfache Anmutung des Hauses wird durch die schwarze Holzverschalung betont, wobei die leicht abgeschrägten Fassadenflächen sowie das geneigte Dach den Eindruck eines vielschichtigen, je nach Betrachtungswinkel unterschiedlich erscheinenden, skulpturalen Baukörpers entstehen lassen. Eine leichte Stahltreppe führt auf das höher gelegene Eingangsniveau zum durch einen Einschnitt im Baukörper gebildeten, überdachten Eingang. Der sich über zwei Geschoße erstreckende, weitgehend offene Innenraum bietet Ausblicke auf die Landschaft und fängt die Sonnenwärme durch großflächige Südverglasungen auf. Neben diesem natürlichen Wärmegewinn sorgt nur ein kleiner, zentraler Holzofen für die behagliche Wärme des Passivhauses im Winter. 

Projektdaten

Planung und örtliche Bauaufsicht: KARAWITZ, Paris
Tragwerksplanung: Ingénierie Bois, Bischheim PHPP (Passive House planning package)
Bauphysik: Solares Bauen, Strasbourg
Ausführung Holzbau: Edwood, Lille
Wohfläche: 102 m2