Leise aus Überzeugung

Ein Artikel von Birgit Gruber | 11.10.2024 - 09:26
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Als gut proportionierter Solitär behauptet sich die neue Bezirksbauernkammer Salzburgs im städtischen Kontext von Hallein. © Markus Rohrbacher

Tom Lechner ist aus der österreichischen Holzbauarchitekturszene nicht mehr wegzudenken. Erste berufliche Erfahrungen sammelte der gebürtige Salzburger, der an der TU Graz Architektur studierte, in Berlin. Doch entschied er sich bald, der deutschen Großstadt den Rücken zu kehren. Lechner zog zurück in seine Heimatstadt Altenmarkt, von wo aus er heute seine schönen und schlichten Holzgebäude über das ganze Land sät. Meist haben die eins gemeinsam, nämlich ein ausbalanciertes Zusammenspiel von Tradition und Moderne. Lechner greift in seinen Entwürfen auf die Funktionalität und Einfachheit traditioneller bäuerlicher Nutzbauten zurück, ohne dabei ins Banale abzugleiten. Er respektiert regionale Traditionen und verbindet diese mit modernen Ausführungen, die stets den natürlichen Lebensraum und den schonenden Umgang mit Ressourcen in den Vordergrund stellen. „Gerade beim Bauen haben wir die große Verantwortung, nicht jeden Trend mitzumachen und nicht immer lauter, höher und schneller zu sein. Es ist Zeit, innezuhalten und zu reflektieren, was es wirklich braucht. In dieser Einfachheit gibt es auch etwas, das die Menschen berührt und beruhigt. Ist das nicht gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je?“, stellt Lechner die entscheidende Frage. Kein Wunder also, dass LP Architektur einen geladenen Wettbewerb für den Ersatzneubau der Bezirksbauernkammer in Hallein für sich behaupten konnte.

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© Markus Rohrbacher

Eingespieltes Team: Architekt und Zimmerer

In dem alten Gebäude in der Davisstraße wurde es über die Jahre nämlich zu eng. Das 1967 erbaute Bürohaus wurde deshalb abgerissen und durch einen dreigeschoßigen Holzbau ersetzt. Im Auftrag der Landwirtschaftskammer Salzburg entstand innerhalb von nur 14 Monaten ein neues Verwaltungsgebäude, das vom Ufer der Salzach aus den Blick in die Alpen zulässt und im November 2022 von seinen Nutzern bezogen wurde. Für die Errichtung war das Unternehmen Innovaholz aus Abtenau zuständig. Geschäftsführer Thomas Hartl war einst Mitarbeiter bei Tom Lechner. „Uns Architekten wird immer vorgeworfen, dass wir uns bautechnisch nicht auskennen. Aus diesem Grund habe ich mich vor ein paar Jahren mit Mitarbeitern verstärkt, die aus der Praxis kommen. Einer davon war Thomas Hartl. Er ist gelernter Zimmerer und hat mein Team unterstützt, bis er eine private Zimmerei übernehmen und mit Innovaholz sein eigenes Unternehmen aufbauen konnte“, erzählt Lechner. So wusste das eingespielte Duo auch sehr schnell, wo die Qualitäten der neuen Bezirksbauernkammer zu verorten sind.

Vorgelagerte Veranda als konstruktiver Holzschutz

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Architekt Tom Lechner © Markus Rohrbacher

Der eher konservative Bauherr als Vertreter der Salzburger Bauern musste von einer zeitgemäßen Holzbauarchitektur nicht erst überzeugt werden, sondern war von Anfang an für eine ökologische Bauweise. „Wir wollten weg von den klassischen Vorbildern mit großen Vordächern. Stattdessen haben wir für das quadratische Gebäude mit 1610 m2 Nutzfläche eine vorgelagerte Veranda geplant. Sie dient als konstruktiver Holzschutz und prägt mit einer vertikalen Fassadenbegrünung als natürliche Beschattung der Innenräume das unverwechselbare Erscheinungsbild des Gebäudes nach außen“, berichtet der Architekt. Dem Entwurf liegt das Prinzip eines Holzskelettbaus zugrunde, wobei Keller und Erschließungskern in Stahlbeton ausgeführt wurden. „Ich würde es als Mischbau aus einer Riegelwand mit Brettsperrholz-Decke bezeichnen. Die konstruktiv tragenden Teile des Riegels wurden dabei in die vordere Ebene gerückt und werden somit sichtbar“, konkretisiert der Holzbauprofi den Aufbau. Man habe sich für ein System entschieden, das laut Lechner eine gewisse Dynamik der Büroräume im Lebenszyklus des Gebäudes gewährleistet. Die Besonderheit liegt in der Einfachheit der Konstruktion. Stützen, Träger und Deckenscheiben bilden ein konstruktiv logisches und visuell nachvollziehbares Tragkonzept. Dieses Prinzip wird auch für die Veranda verwendet. 560 m³ Fichten- und Lärchenholz wurden verbaut. Das Holz stammt aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung im Umkreis von maximal 500 km. 

Gerade beim Bauen haben wir die große Verantwortung, nicht jeden Trend mitzumachen und nicht immer lauter, höher und schneller zu sein. Es ist Zeit, innezuhalten und zu reflektieren, was es wirklich braucht.


Tom Lechner, Architekt

Maschinenring Tennengau ebenfalls im neuen Gebäude

Das neue Gebäude betritt man über einen begrünten Vorplatz. Durch ein kleines Foyer mit zentralem Erschließungskern kommt man direkt zu den Arbeitsplätzen der Landwirtschaftskammer. „Wir wollten die allgemeinen Flächen bewusst dezent halten, um die Mitarbeiterbüros so großzügig wie möglich gestalten zu können“, fügt der Architekt hinzu. Über die ersten zwei Geschoße des neuen Hauses verteilensich außerdem die Räumlichkeiten des Maschinenrings. Mit insgesamt sechs zeitgemäßen Büros, einem Sozial- sowie Besprechungsraum kann das Dienstleistungsunternehmen nun allen Mitarbeitern und Kunden einen bestmöglichen Service bieten. „Mit Tom Lechner als Architekt hat sich die Landwirtschaftskammer einen Routinier für den Holzbau gesucht, der neben vielen anderen Projekten auch die Zentrale des Maschinenrings Salzburg in St. Johann geplant hat. Die Innovation beim neuen Gebäude in Hallein besteht neben der natürlichen Holzkonstruktion mit vorgelagerter Terrasse speziell in der begrünten Fassade. Somit konnten zwei wichtige Kriterien umgesetzt werden: Die Verwendung von natürlichen Materialien und ein möglichst geringer Energieverbrauch“, sagt Anton Hofstätter, Büroleitung des Maschinenrings Tennengau. Im obersten Stockwerk befindet sich ein großer Veranstaltungssaal, der auch für Schulungen genutzt wird.

Begrünte Fassade und Lowtech

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Auszeichnung mit dem Holzbotschafter: Gregor Grill (Geschäftsführer proHolz Salzburg a.D.), Rudolf Rosenstatter (Obmann proHolz Salzburg), Friedrich Egger (Landesinnungsmeister Holzbau), Dr. Nikolaus Lienbacher (Kammeramtsdirektor), Dr. Sepp Schwaiger (Landesrat) und Florian Brunauer (Obmann Bezirksbauernkammer Hallein) . © proHolz Salzburg

Der Bezirksbauernkammer Hallein wurde im Vorjahr von proHolz Salzburg der Holzbotschafter für vorbildliches und nachhaltiges Bauen mit Holz verliehen. Zudem ist das Gebäude beim Architekturpreis des Landes Salzburg nominiert, der Ende September vergeben wird. Die Fassadenbegrünung wirke nicht nur identitätsstiftend, sondern biete eine mögliche Antwort auf Ressourcenverbrauch und Klima, begründet man dort die Vorauswahl. Auch für Lechner ist sie eine wichtige Komponente des Lowtech-Konzepts. „Das Haus kommt ohne Klimaanlage aus. Wir kühlen über eine Bauteilkernaktivierung und nutzen im Sommer die frische Brise der angrenzenden Salzach zur Temperaturregelung. Lowtech ist mir ganz wichtig, denn wir entwickeln uns bezüglich Haus- und Elektrotechnik in eine völlig falsche Richtung. Dann wundern wir uns, warum die Errichtung eines Holzgebäudes so teuer ist, und schieben es fälschlicherweise dem Baustoff in die Schuhe. Die Haustechnik macht mittlerweile 35 % der Baukosten aus. Also könnte man hier den Sparstift ansetzen, wenn man auf Hightech verzichtet“, weiß Lechner.

Die Auszeichnung und Nominierung sind für Lechner ein gutes Zeichen, denn sie würden auch den Holzbau vor Zweiflern an den Wirtshaustischen oder in den Gemeindestuben rechtfertigen. „Die wachsende Wahrnehmung des Mehrwerts qualitätsvoller Holzbauarchitektur und die Anerkennung durch Auszeichnungen wie die Holzbaupreise in unserem Land erleichtern mittlerweile meine Arbeit.” 

Projektdaten

Standort: Hallein
Fertigstellung: November 2022
Bauherr: Landwirtschaftskammer Salzburg
Architektur: LP architektur (Projektleiterin Barbara Bangerl)
Holzbau: Innovaholz
Statik: ConLignum
Bauphysik: Spektrum Bauphysik & Bauökologie
Holzmenge: 560 m³
Holzarten: Fichte und Lärche
Bruttogeschoßfläche: 2479 m²