Kostenvoranschlag und darüber hinausgehende Mehrkosten

Ein Artikel von Bernd Haintz | 09.10.2024 - 10:44
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Kennzeichnend für einen Kostenvoranschlag ist, ausgenommen bei einem Pauschalpreis, die detaillierte Aufgliederung des voraussichtlichen Gesamtpreises des Werkes nach Arbeits-, Material- und sonstigen Kosten. Er gibt dem möglichen Auftraggeber eine Übersicht über Art und Umfang der Leistung und die Richtigkeit der Gesamtforderung. Der Voranschlag  ist stets in Verbindung mit einem allfälligen Auftrag zu sehen, der in weiterer Folge erteilt wird. Wichtig dabei ist festzuhalten, dass ein bindendes Offert wesentlich mehr beinhaltet als der Kostenvoranschlag – nämlich alle über die Kosten hinausgehenden, vertragswesentlichen Parameter – und auch grundsätzlich nicht mehr „zurückgezogen“ werden kann. 

Grundsätzlich unterscheidet man verbindliche und unverbindliche Voranschläge (mit und ohne Garantie). Um welche Art es sich dabei jeweils handelt, hängt davon ab, was vereinbart wurde. Sollte dies gar nicht erfolgt sein, so ist der Kostenvoranschlag gegenüber dem Verbraucher laut Konsumentenschutzgesetz verbindlich, gegenüber dem Unternehmer entsprechend dem ABGB im Zweifel unverbindlich. Aber auch unverbindlich bedeutet nur, dass bei erheblicher Überschreitung (10 bis 15 %) dies dem Auftraggeber sehr wohl mitzuteilen ist. Und hier hält das Höchstgericht immer wieder fest: Bei einem Kostenvoranschlag ohne Garantie muss der Unternehmer diese Mehrkosten unverzüglich anzeigen. Unterlässt er dies, verwirkt er jeden Anspruch dieser zusätzlich entstandenen Kosten, also auch der bis zu 15 % höheren Kosten. Selbst dann, wenn der Auftraggeber eine beträchtliche Überschreitung des Kostenvoranschlags vermuten hätte können. Erweist sich ein zusätzlicher oder andersartiger Aufwand an Arbeit und Material als unvermeidlich, um das ursprünglich vereinbarte Werk herstellen zu können, ist dies nur verrechenbar, wenn der Bauherr in einem solchen Fall nach den Umständen zweifelsfrei den erhöhten Kosten zustimmt. Auf die Gründe der Überschreitung des Voranschlags kommt es grundsätzlich nicht an. 

Die Anzeige der Mehrkosten hat so detailliert wie möglich zu sein, allgemeine Hinweise („Preis kann nicht eingehalten werden“) sind nicht ausreichend. Empfohlen werden der Hinweis auf die Ursache der Kostenüberschreitung sowie eine möglichst ziffernmäßige Bekanntgabe der Kostenüberschreitung. Das Höchstgericht will übrigens auch dann eine Bekanntgabe der Mehrkosten, wenn die Überschreitung auf Umständen beruht, die allgemein bekannt sind, oder wenn der Auftraggeber die Überschreitung aus den Umständen heraus vermuten kann. Der Auftraggeber kann ansonsten vielmehr bis zur Verständigung vom Gegenteil davon ausgehen, dass sich der Unternehmer an den Kostenvoranschlag gebunden fühlt.

Nur wenn die Umstände die zu Mehraufwendungen führen, in der Macht des Bauherr liegen, ist nach der Rechtsprechung die unverzügliche Anzeige der Überschreitung des Kostenvoranschlags nicht erforderlich. Beispiel könnte hier etwa sein, dass es zu Verzögerungen durch Nichtvorliegen der Pläne kommt oder durch Nichtbereitstellen der erforderlichen Vorarbeiten. Dies hat nun wieder auch der Oberste Gerichtshof  festgehalten, indem er meinte, dass von Auftraggeberseite verursachte Mehrkosten nicht vorab bekanntzugeben sind. Er zitierte alte Entscheidungen, wo etwa eine verzögerte Baubewilligung vorlag, der Baubeginn später angesetzt wurde und so erhöhte Lohn- und Materialkostensteigerungen weiterverrechnet werden konnten. Auch können ohne Hinweis Mehrkosten fakturiert werden, wenn unrichtige Massen- und Mengenkalkulationen im Leistungsverzeichnis vorgegeben wurden oder unter nicht vorhersehbaren Umständen, wie Erschwernissen für Materialtransport, Arbeiten in Überhöhen und abschnittsweisem Arbeiten, gegeben waren. 

Ein weiteres Beispiel in der Judikatur sind Erschwernisse durch nur sehr eingeschränkt erbrachte Eigenleistungen des Bauherr oder während des Baus erteilte Zusatzaufträge, die trotz fehlender Warnung in Rechnung gestellt werden können.