Der Waldfonds mit der Österreichischen Holzinitiative ist die größte und wichtigste Maßnahme für den Forst- und Holzsektor, die es je gegeben hat. Wie schwierig war es, diese durchzusetzen?Bei der Gestaltung der Österreichischen Holzinitiative ist es uns zugutegekommen, dass wir auf fundierte strategische und programmatische Grundlagen zurückgreifen konnten. Die Waldstrategie 2020+, welche im Rahmen des Österreichischen Walddialogs partizipativ erarbeitet wurde, war diesbezüglich eine wichtige Grundlage. Zudem ist im derzeitigen Regierungsprogramm 2020-2024 der Holzbau und die Holzverwendung auch politisch entsprechend verortet. Die Forst-Holz-Papier-Sektorstrategie ist letztlich auch ein wichtiger Impulsgeber für die Holzinitiative gewesen.
Das Hier und Jetzt birgt gesellschaftliche, ökologische und wirtschaftliche Herausforderungen. Wo verorten Sie diesbezüglich das Innovationspotenzial des Rohstoffes Holz?
Holz ist ein vielseitig einsetzbarer Rohstoff von unschätzbarem Wert. Der Ersatz fossiler Rohstoffe durch die erneuerbare Ressource Holz ermöglicht ein verantwortungsvolles, nachhaltiges Wirtschaften im Sinne der Bioökonomie. Mit den vielfältigen Maßnahmen der Österreichischen Holzinitiative wollen wir genau diese Vorteile nutzen sowie das enorme und nachhaltige Innovationspotenzial der Holzverwendung weiter ausbauen.
Im Mittelpunkt der Holzinitiative steht der klimafitte Wald – der Grundstein der Wertschöpfungskette. Wie stabil ist Ihrer Meinung nach diese Basis im Moment?
Das Bundesforschungszentrum für Wald erhebt mit der Waldinventur seit 1961 in regelmäßigen Abständen den Zustand und die Veränderungen im heimischen Wald. Daraus können Rückschlüsse auf die Stabilität, Struktur und Dynamik des Ökosystems sowie auf seine ökonomische und ökologische nachhaltige Leistungsfähigkeit gezogen werden. Die Ergebnisse der Waldinventur zeigen, dass die Waldfläche in Österreich mehr als vier Millionen Hektar beträgt und die bewaldete Fläche sowie der Holzvorrat weiterhin zunehmen. Es zeigt sich jedoch immer stärker, dass sich aufgrund des Klimawandels die Bedingungen für unsere Wälder stark verändern. Um den Wald möglichst gut auf das veränderte Klima vorzubereiten und die damit verbundenen Kalamitätsrisiken zu mindern, ist eine aktive nachhaltige Waldbewirtschaftung unabdingbar. Es geht darum, stabile, resiliente und klimafitte Waldbestände zu schaffen.
Trotzdem behält man „das große Ganze“ im Blick. Welchen Stellenwert hat der Holzbau?
Wir setzen zahlreiche konkrete Maßnahmen bezüglich des Holzbaus um. Zu erwähnen sind etwa der „CO2-Bonus“, zur Förderung von großvolumigen Holzbauten und öffentlichen Gebäuden, das österreichweit agierende Holzfachberatungsnetzwerk, die nationale Koordinierungsstelle für Normungsarbeit im Bereich Holzbau und Holzverwendung. Zudem fördern wir zahlreiche Forschungsprojekte mit Holzbaubezug. Die Projekte reichen hier von der Untersuchung von verklebten Hochleistungsbauteilen aus Laubholz über Musterlösungen in Holzmassivbauweise bis hin zur Evaluierung des Effekts biogenen Kohlenstoffs in Holzbauprodukten
Um die Rahmenbedingungen für die nachhaltige Verwendung von Holz abzusichern und zu stärken, bedarf es auch internationaler Abstimmung.
© Kathrin Lanz
Die Holzbaubetriebe sind für den ländlichen Raum in Hinblick auf Arbeitsplätze, aber auch die Themen Landflucht, Sozialkapital und Tourismus essenziell. Welche Bedeutung haben jene als Glied in der Wertschöpfungskette in den Augen des Ministeriums?
Die Forst- und Holzwirtschaft ist für Österreich sehr bedeutend. Die Wertschöpfungskette Forst-Holz-Papier schafft rund 300.000 Arbeitsplätze und erwirtschaftet über 20 Mrd. €. Vor allem die klein strukturierte Holzbaulandschaft ist geprägt von zahlreichen Gewerbebetrieben. Dieses flächendeckende KMU-Netz zur Verarbeitung des regionalen Rohstoffes Holz bringt nicht nur ökologische Vorteile mit sich, sondern schafft auch wertvolle Arbeits- und Ausbildungsplätze in unseren Regionen. Holzbaubetriebe stellen einerseits ein wichtiges Bindeglied zwischen Tradition und Innovation dar und sind andererseits wichtiger Mittler zwischen der Notwendigkeit einer aktiven nachhaltigen Waldbewirtschaftung und der Gesellschaft.
Sie sind in ganz Österreich unterwegs und begleiten verschiedene Projekte. Welches Gesamtbild hat sich bisher für Sie ergeben?
Es begeistert mich zu sehen, wie engagiert und motiviert die holzbasierte Wertschöpfungskette ist. Ich treffe auf viele interessante Menschen, die mit ihrem Innovationsgeist etwas bewegen wollen. Besonders begeistern mich die zahlreichen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, welche mit ihren Produkt- und Prozessinnovationen die Holzverwendung zu einem unumgänglichen Zukunftsthema machen. Die Veranstaltungen und Aktivitäten in den Bundesländern etwa seitens der proHolz-Länderorganisationen, der Holzcluster, der Verbände und Interessensvertretungen sind herausragend. Neben den Holzbaupreisen der Bundesländer möchte ich stellvertretend die Bildungswoche der Zimmermeister in Alpbach nennen, die für mich sehr gut den innovativen und zukunftsfitten Zeitgeist der Holzbranche versinnbildlichen. Es freut uns, dass es ein so großes Engagement auf allen Ebenen gibt und wir dazu beitragen können, dass diese Motivation weiter gestärkt wird.
Wie nehmen Sie persönlich die österreichische Holzbaulandschaft wahr?
Österreich ist im Holzbau weltweit ein Vorzeigeland und Innovationsführer. Dies ist der langen Holzbautradition und der vielen innovativen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu verdanken, die einen Nährboden für bahnbrechende Entwicklungen im Bereich der holzbasierten Werk- und Baustoffe sowie im Holzbau bilden. Neben der marktgetriebenen Triebfeder durch die Entwicklung optimierter Produkte und Prozesse erkenne ich, dass sich immer mehr Bauherren und Entscheidungsträger für den heimischen und nachhaltigen Baustoff Holz interessieren und entscheiden. In Anbetracht gegenwärtiger Herausforderungen und der Notwendigkeit ökologischer Lösungen, darf man sich aber nicht auf dem bereits Erreichten ausruhen. Um die Rahmenbedingungen für die nachhaltige Verwendung von Holz abzusichern und zu stärken, bedarf es auch internationaler Abstimmung. Darum wollen wir mit der Etablierung einer paneuropäischen und globalen Holzpolitikplattform, der Wood Policy Plattform, kurz „woodPoP“, den fachpolitischen Dialog fördern und den Austausch technischer und wissenschaftlicher Kenntnisse sowie politischer Erfahrungen stärken.
Gibt es bereits abgeschlossene Projekte – wo lassen sich im Bereich Holzbau erste Erfolge verorten?
Für die Maßnahme des vorhin schon angesprochenen CO2-Bonus stehen insgesamt 20 Mio. € aus dem Waldfonds zur Verfügung, wobei bereits vier Calls abgeschlossen sind. Insgesamt wurden bisher 93 Holzbauten gefördert. Das in diesen Gebäuden verbaute Holz hat eine Speicherleistung von 36.000 to CO2. Für dieses Jahr planen wir die Veröffentlichung eines weiteren Förder-Calls – voraussichtlicher Antragszeitraum wird dabei von 02. Mai bis 29. September sein. Weitere erfolgreiche Maßnahmen sind die nationale Koordinierungsstelle für Normungsangelegenheit und Normenentwicklung im Bereich Holzverwendung und Holzbau, das österreichweite Holzfachberatungsnetzwerk mit Schwerpunkt Planung und Ausführung von Holz- und Holzhybridbauwerken, drei Stiftungsprofessuren zu den Themenbereichen „Entwerfen und Holzbau im urbanen Raum“, „Architektur, Ressourceneffizienz und Fabrikation im Holzbau“ und „Nachhaltiges Gestalten und Bauen im Sinne des Neuen Europäischen Bauhauses“ sowie das österreichweite Bioökonomienetzwerk und das BildungsLab „Wald&Holz“.
Die Laufzeit der Holzinitiative beträgt sechs Jahre – gibt es auf Regierungsebene eine positive Stimmung bezüglich einer Verlängerung?
Aufgrund der Ende Januar abgeschlossenen Evaluierung des Waldfonds und der noch zur Verfügung stehenden Finanzmittel wird der Österreichische Waldfonds budgetneutral für zwei Jahre verlängert. Somit sind Genehmigungen bis 31. Januar 2025 und Auszahlungen bis 31. Januar 2027 möglich. Seitens der fachpolitischen Ebene wird die Verlängerung sehr begrüßt. Ob und inwieweit eine Folgeinitiative für die Wald- und Holzwirtschaft nach Ablauf der jetzigen Waldfondsperiode kommen wird, hängt im Wesentlichen von der nächsten Regierungskonstellation ab. Wir werden uns jedenfalls dafür einsetzen, ausgewählte Maßnahmen auch über die Laufzeit des Waldfonds hinaus weiterzuführen und entsprechende Mittel zu programmieren.
Weil gerade so aktuell diskutiert: Droht die EU die Kaskadennutzung durch zu starke Biomasseförderungen zu unterlaufen?
Ich denke, es ist unbestritten sinnvoll, Rohstoffe so effizient wie möglich einzusetzen und so lange wie möglich im Kreislauf zu halten. Einer allgemeinen gesetzlichen Vorschreibung des Kaskadenprinzips stehe ich aus unterschiedlichen Gründen sehr skeptisch gegenüber. Im gegenwärtigen Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie (RED III) ist die kaskadische Nutzung von Holz festgeschrieben. Dadurch wird die Förderung von Biomasse und die Anrechenbarkeit der Biomasse für die erneuerbaren Energieziele bis zu einem gewissen Grad eingeschränkt.
Zur Person:
Dr. Georg Rappold leitet im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft das Geschäftsfeld holzbasierte Wertschöpfungskette. Die Holzinitiative gründet maßgeblich auf dem Einsatz seiner Person.