Betrachtet man die letzten paar Jahrzehnte, so hat sich viel getan im Holzbau. Aus den wenigen Mauerblümchen der 60er- und 70er-Jahre, immer mit viel architektonischem Ehrgeiz behaftet, entwickelte sich eine Erfolgsgeschichte bis heute. Mutige Zimmerer, innovative Architekten und Bauingenieure haben oft im Gleichschritt mit Produktherstellern viel bewegt. Der erste wirkliche Boom kam dann mit der Möglichkeit der Vorfertigung in den 90er-Jahren, auch durch neue Dünnplattenwerkstoffe. Der zweite Boom war eindeutig um die Jahrtausendwende mit der Einführung des Massivholzbaues.
Unbestritten hat diese Bauweise viele Vorteile. Einfach in der Handhabung, gerade bei großvolumigen Bauten mit hohen Anforderungen sicher im Brandschutz, relativ witterungsresistent bei der Montage, statisch sehr leistungsfähig, fehlerverzeihend bei der Ausführung – um nur einige zu nennen. Den zweiten großen Boom hätte es ohne das Brettsperrholz nicht gegeben. Viel Akzeptanz bei Entscheidungsträgern, Behörden und Bauherren sind der Dank dafür.
Einige großen Haken hat natürlich auch der Massivholzbau – zum ersten der enorme Holzverbrauch, was die Ökobilanz natürlich schlecht aussehen lässt. Ich behaupte zudem, dass der Rohstoff mehr früher als später knapp wird, auch vor dem Hintergrund des Fichtensterbens, der Trockenheit und Schädlinge. Dazu die einhergehende Abhängigkeit von der Industrie und die daraus resultierende schwindende Regionalität (Wald – Säge – Wertschöpfung bei den Zimmereien).
Speziell in der internationalen Gesetzgebung und den Vorgaben der Europäischen Union ist in allen Branchen ein enormer Druck nach Materialeinsparung in allen Bereichen zu verspüren. Zu den Themen Recycling und Wiederverwendung von Bauprodukten werden wir künftig Antworten liefern müssen. Wissenschaftler und Entwickler wie Werner Sobek forschen schon lange an Beton, der bei halb so viel Masse und Gewicht gleich viel kann, um eines von Tausenden Beispielen zu nennen. Ob da nicht auch die Holzmassivbauweise an dieser Entwicklung teilnehmen sollte. Beispielsweise hat sich das Brettsperrholz seit der ersten je geleimten Platte aus dem Jahre 2000 gegenüber der heutigen Technologie in keinster Weise verändert. Da wäre viel mehr Potenzial im Produkt.
Ich möchte anhand einiger Beispiele zeigen, dass Holzbau auch anders kann als nur Brettsperrholz. Der Rohstoff Holz ist zu schade, um nicht präzise eingesetzt zu werden. Sicher braucht es viel Knowhow, wie man wieder handwerklicher an die Sache herangeht, regionale Wertschöpfungsketten durchgängig einbindet und Statik und Bauphysik auf dem geforderten Niveau plant. Da sind wir Planer und die Holzbautechniker wieder gefordert.
Auch wir werden in Zukunft mit den tollen Leimholzprodukten wie BSH und BSP planen und konstruieren, jedoch ist es auch unsere Verantwortung, die Produkte sparsam und intelligent einzusetzen und nicht einfach maßlos Holz aufeinanderzuschlichten!
Mehrfamilienhaus K, Bregenzerwald
Ein Glücksfall, wenn die Wertschöpfungskette durchgängig wie in diesem Fall ist. Ein Bauherr mit eigenem Miteigentumswald, der auch gleichzeitig eine Zimmerei betreibt, ein Architekt, der weiß, wie man Holz schreibt, ein Holzbauingenieur, der sich auskennt, und ein faires Sägewerk der Extraklasse. Aus der nordseitig am Hang gewachsenen Fichte wurden ganz wenige Querschnitte eingeschnitten. Aus den schönen Fichten die Sichtqualität der Balkenquerschnitte 9/22 cm gehobelt und die sichtbaren Dielen für die Schalungen, aus dem Rest Diagonalschalungen, Lattungen etc. Jeder Kubikzentimeter des Baumes fand seine Anwendung. Außer ein paar Dreischichtplatten ist alles leimfrei konstruiert.
Pflegeheim Gaißau in Modulbauweise am Bodensee
Holzmodule sind üblicherweise aus sechs Stück zusammengeschraubten Brettsperrholzplatten gebaut. 10 m3 Brettsperrholz pro Modul – heißt ca. 20 m3 Rundholz oder sechs mittelgroße Fichten! Bei 300 €/m3 Mehrpreis für das Leimholz entsteht ein Aufpreis von 3000 € – somit ist das Produkt BSP-Modul nicht mehr konkurrenzfähig – ganz einfach! Kurzerhand wurde alles auf Holzrahmenbau und Dübelholz umgeplant. Nach ersten Berechnungen liegt die Holzeinsparung durch den Systemwechsel für das gesamte Projekt bei ca. 40 %, bei gleichbleibenden Kosten im Vergleich zur Brettsperrholzkonstruktion! Das schöne dabei: In diesem Fall wächst das Holz 25 km von der Baustelle entfernt, wird im benachbarten Sägewerk eingeschnitten und dann zu Dübelholz verarbeitet. Gemeinsam mit Holzrahmen-Wandelementen mit Diagonalschalung entstehen danach fixfertige Module. Auch in den Allgemeinbereichen gibt es nur Dübelholz, angemessene Spannweiten und Holzrahmenelemente.
Boardinghausturm Konstanz
Dieser Zehngeschosser soll 2023 in Konstanz entstehen. Auf zwei betonierten Sockelgeschossen werden in kurzer Bauzeit 72 Boardingzimmer aufeinandergestapelt. Ursprünglich in reiner Brettsperrholzbauweise geplant, konnten wir mit einem innovativen Brandschutzkonzept die Konstruktion spielend auf Holzrahmenbau mit 90 min. Feuerwiderstand ändern. Das Bodenelement als HBV-Element, die Modultrennwände (R0) in Holzrahmenbau und die lastabtragenden Außen- und Mittelwände (R90) ebenfalls als Holzrahmenbau. Bis dato war so was kaum denkbar, da das Brettsperrholz in der Anschaffung sehr günstig war – jetzt kommt hoffentlich wieder die Zeit, wo es sich für den Holzbaubetrieb auszahlt, Elemente zu bauen, um die Wertschöpfung zu steigern.