Er: „Pst, hörst du es?“ Sie: „Was?“ Er: „Nichts.“ Stille. – So in etwa könnte sich eine Konversation zweier stressgeplagter Großstädter in einem der zehn neuen Peterhof-Chalets auf der Alpe Furx in Vorarlberg anhören. Wir befinden uns auf 1200 m Seehöhe auf einem vorgelagerten Rücken über dem Rheintal. Nur zwölf Einwohner leben das ganze Jahr über in diesem winzigen Ortsteil der Gemeinde Zwischenwasser. Von hier oben genießt man einen wunderschönen 180°-Blick, der vom Rätikon an der Südseite über den schweizerischen Alpstein in der Mitte, bis hin zum Bodensee an der Nordseite reicht. Die Gegend auf diesem sonnenverwöhnten Hochplateau ist wirklich einmalig. Kein Verkehr, kein Lärm. Natur pur. Mit diesen Vorzügen wirbt auch Patrick Schmid für sein Chaletdorf, das seit Dezember 2021 den altehrwürdigen Peterhof ergänzt, eine Institution auf der Alpe Furx. „Mein Urgroßvater hat 1954 ein Bauernhaus gekauft. Er war damals Gastwirt im Nachbarort Laterns. Zu dieser Zeit gab es nur einen unbefestigten Forstweg und eine Materialseilbahn auf die Alpe Furx. In den 1960er-Jahren hat er das Haus über der kleinen ‚Peter und Paul‘-Kapelle zu einer Pension mit Gasthaus umgebaut. In den 1970er-Jahren zerstörte ein Brand große Teile des Gebäudes. Doch mein Urgroßvater gab nicht auf und sanierte, sodass er kurze Zeit später wieder Gäste empfangen konnte“, erzählt Schmid. Der Peterhof florierte und wuchs unter Anita und Karl-Heinz Schmid zu einem Hotelbetrieb mit 50 Betten an, obwohl sich das touristische Angebot auf der Alpe Furx bis heute in Grenzen hält. „Es gibt bei uns nur den kleinen Zwergberg mit Förderband und Seillift, auf dem Kinder das Skifahren lernen können. Unsere Gegend ist bei Ausflüglern beliebt. Sie kommen zum Wandern oder Radfahren. Aber am meisten schätzen Besucher aus dem Großraum München oder Zürich einfach nur unsere Ruhe“, weiß Schmid. Mittlerweile führt auch eine Straße von Zwischenwasser hinauf auf die Alpe.
Der Beginn der „Petermorphose“
Die Geschwister Sarah und Patrick Schmid haben den Betrieb in vierter Generation übernommen. Dass die Geschichte des Peterhofs weitergehen soll, war für sie immer klar. Doch um den Weg für die Zukunft und die eigenen Kinder zu ebnen, musste 2018 ein qualitativer Quantensprung her. Eine Bestandsaufnahme durch Experten brachte neue Erkenntnisse: „Die Bausubstanz des Hofes war leider so schlecht, dass uns von einer abermaligen Sanierung abgeraten wurde“, berichtet Schmid. Und weil der Holzbau so eng mit Vorarlberg verbunden ist, wie die Schmids mit ihrer Familie, basierte das Peterhof-Neubaukonzept natürlich auf dem Baustoff Holz. Über einen kleinen, internen Architekturwettbewerb fand man schließlich Baumschlager Eberle Architekten mit ihrem Büro in Lustenau als geeignete Projektpartner. Als Generalunternehmer trat Rhomberg aus Bregenz auf. Sohm Holzbautechnik übernahm die Errichtung des neuen Haupthauses und der Chalets in Holzständerbauweise, Holzbau Feuerstein aus Au baute die Gebäude von innen aus.
Nachhaltigkeit als Grundgedanke
Zehn Chalets mit je rund 85 m2 liegen um den neuen Peterhof verteilt. Entstanden ist damit eine kleine Siedlung mit einer naturnahen Wegeführung. Den Auftakt bildet das große öffentliche Restaurant. „Somit bleibt der Peterhof das Herzstück, der am alten Standort neu errichtet wurde“, freut sich Schmid, der während des gesamten Planungs- und Bauprozesses immer Rückendeckung von seiner Familie hatte. Auch die heute 92-jährige Großmutter Angelika bestärkte zum Neubau, auch wenn beim Anrücken der Bagger zum Abriss des in die Jahre gekommenen Hofes Tränen flossen. „Mit dem jetzt umgesetzten Konzept können wir einen besonderen Aufenthaltsort für unsere Gäste schaffen. Das weiß auch meine Großmutter zu schätzen. Sie und unsere Anrainer sind mit dem Ergebnis zufrieden, da es die Baukultur der Region wertschätzt“, freut sich der Bauherr. In dieselbe Kerbe schlägt auch Rhomberg-Projektleiter Harald Metzler: „Optisch fügen sich der Peterhof und seine Chalets mit einer modernen und klaren Architektur harmonisch in die Alpenregion ein. Sehr naturnah wurde das Projekt auch durch die Verwendung von viel Holz, nicht nur als Konstruktionsmaterial. Fassade und Inneneinrichtung des Haupthauses wurden komplett in Holz ausgeführt, die Dach- und Fassadenflächen der Chalets sind mit Lärchenholzschindeln verkleidet. Die Energieversorgung erfolgt über Erdwärmesonden. Zusätzlich haben wir Abbruch- beziehungsweise Aushubmaterial vor Ort aufbereitet und wiederverwertet.“
Schneelastgutachten notwendig
Große Schneemassen zum Baustart stellten alle Beteiligten vor einige Herausforderungen, gingen aufgrund der winterlichen Verhältnisse doch insgesamt fast fünf Wochen der knapp bemessenen Bauzeit von 13 Monaten verloren. Eine Hürde, die das Team von Rhomberg mit viel Einsatz und Erfahrung bewältigen konnte. Überhaupt brachte der Bau so einige Besonderheiten und Erkenntnisse mit sich, musste doch beispielsweise für den statisch sehr komplizierten Dachstuhl des Haupthauses im Vorfeld ein Schneelastgutachten erstellt werden. „Das war auch für mich neu und ist gewiss eine Erfahrung, die wir im Unternehmen teilen und dadurch für zukünftige Projekte nutzen können“, meint Metzler.
Durch die gute Zusammenarbeit zwischen den Gewerken konnte das Thema Nachhaltigkeit in allen Bereichen umgesetzt werden. Bei der Ausstattung der Chalets und des Restaurants zeigt sich die Vorarlberger Handwerkskunst von ihrer schönsten Seite. Alle Arbeiten wurden mit viel Können und Liebe zum Detail ausgeführt. Bei der Auswahl der ausführenden Firmen spielte Regionalität die Hauptrolle, so wurden für die Bauarbeiten fast ausschließlich Unternehmen aus der Region beauftragt (61 Unternehmen waren beteiligt, davon 58 aus Vorarlberg).
Architektonisches Statement in natürlicher Umgebung
Die wichtigsten Anforderungen an die Planung und Gestaltung des neuen Komplexes waren eine sorgfältige Behandlung des Geländes und die Beziehungen zwischen den Gebäuden, formale Schönheit und ein hoher Freizeitwert. Das Ergebnis ist eine kleine Anlage, die aus drei Gruppen von vier Gebäuden besteht. Die Chalets folgen demselben Grundmodell, wobei sie je nach Lage und Zugangsweg durch Reflexion und Schichtung für Abwechslung sorgen. „Durch die Spannung zwischen lokaler Baukultur in der Materialwahl und moderner Interpretation bietet die neue Alpe Furx einen attraktiven Beitrag zu Wiedererkennungswert und architektonischer Qualität in den Alpen“, meint Prof. Dietmar Eberle.
Übrigens: Der Begriff „Petermorphose“ wurde vom Designbüro Zeughaus aus Feldkirch geprägt. Sie waren für das Branding des neuen Peterhofs verantwortlich. Die Geographie des Geländes mit den Chalets brachte die kreativen Köpfe auf die Idee, mit Blumen verschiedener Höhenlage zu arbeiten. Die Chalets weisen sich, neben einer Ziffer, also mit einer Blüte aus. Sie sind außerdem ornamental im Einsatz und an den geschindelten Fassaden zu sehen. Dazu weiß Bauherr Patrick Schmid noch eine abschließende Geschichte: „Nachdem wir das neue Branding für unser Hotelkonzept abgeschlossen hatten, ist eine alte Tafel vom Peterhof aus den 1950er-Jahren aufgetaucht. Da haben wir bemerkt, dass unser heutiger Schriftzug dem alten zufällig doch sehr ähnlich ist. Für mich schließt sich damit der Kreis“, gibt sich Schmid zufrieden.
Projektdaten
Standort: Furx 25, Zwischenwasser
Bauherr: F25 Projektgesellschaft
Fertigstellung: November 2021
Architektur: Baumschlager Eberle
Generalunternehmer: Rhomberg Bau
Statik: Hämmerle-Huster
Holzbau: Sohm HolzBautechnik (Holzbau, Systemlieferant); Holzbau Feuerstein (Innenausbau)
Grundstücksfläche: 12.436 m²
Bebaute Fläche: 1324 m²
Nutzfläche: 2590 m²