Wie geht es dem Holzbau in Vorarlberg in diesem eher schwierigen Baujahr?
Wie überall in Österreich zeigen sich auch in Vorarlberg Rückgänge im Wohnbau. Doch das betrifft uns Zimmerleute nicht direkt, sondern größtenteils den Massivbau. Dem Holzbau geht es gut: Nachverdichtungen, Aufstockungen, Umbauten, Dachgeschoßausbauten, Anbauten, Erweiterungen werden 2024 größtenteils in Holz umgesetzt. Das bedeutet, dass die Architekten und die Kunden die Vorteile des Holzbaus bei Umbauten und Erweiterungen anerkennen. Und dass die Vorarlbergerin und der Vorarlberger gerne in Holz wohnen.
Wird das Einfamilienhaus zu einem veralteten Konzept?
Historisch gesehen ist das Einfamilienhaus eine neue Entwicklung, die auch heute noch eine gewisse Berechtigung hat, da eine große Selbstbestimmung bei Gestaltung und Lebensführung möglich ist. Doch nicht alle Vorarlberger können oder wollen alleine wohnen. Es gibt Gründe, sich auf traditionellere Wohnstrukturen zu besinnen, wie wir sie von unseren Großeltern kennen: Faktoren wie Platzmangel, Kosten und Bodenversiegelung sprechen für Mehrfamilien- und Mehrgenerationenhäuser. Ich selbst wohne auch in einem Mehrgenerationenhaus.
Braucht der Holzbauer nicht unbedingt den Auftrag für ein Einfamilienhaus?
Eine Rückkehr zu traditionelleren Wohnstrukturen sehe ich nicht als Gefahr für den Holzbau. In den 60er-, 70er- und 80er-Jahren wurden große Häuser gebaut, in denen heute oftmals ältere Menschen wohnen, die „zu viel“ Platz und Aufwand belasten. Gleichzeitig suchen viele jüngere Menschen nach Wohnraum. Das zusammenzuführen, hat einen großen Reiz, und hier sind wir wieder bei unseren Holzbautrümpfen: An-, Zu- und Aufbauten.
Wie denken Sie über die europäische Entwaldungsverordnung?
In Vorarlberg ist die Lage wohl besonders, da 80 % Gebirge und 20 % Tallage vorherrschen, ein Drittel der gesamten Fläche ist mit Wald bedeckt. Falls der Wald nicht mehr bewirtschaftet werden soll, wird er instabil und die Standortsicherung der Talschaften fällt weg. Die Devise bei uns muss lauten: Schützen durch Nützen. Ohne Alpwirtschaft wächst außerdem alles in kurzer Zeit zu, der Tourismus stoppt. Erwähnenswert ist hier auch der Dokumentarfilmer und Autor Jan Haft. In „Unsere Wälder“ beschreibt er 2024, dass die Artenvielfalt in genutzten, lichten Wäldern groß ist, während in der unberührten Wildnis 80 bis 90 % dieser Biodiversität verloren gehen! Er spricht sich als Naturschützer für ein gezieltes Eingreifen, für eine Bewirtschaftung des Waldes aus.
Welche Rolle spielen die Städte und Gemeinden?
In Vorarlberg sind die Städte und Gemeinden die größten Waldeigentümer, daher stellen wir Zimmerer die folgende Forderung: Öffentliche Gebäude sollten aus eigenem Holz gebaut werden. Manche Gemeinden meinen, der Holzbau sei teurer. Aber wenn man alle Kosten miteinbezieht, wird das Produkt in Summe günstiger sein. Manche Gemeinden, wie Hittisau, sind hier vorbildlich unterwegs. Bludenz, mein waldreicher Heimatort mit seinen erntereifen Fichten, hat hier noch Aufholbedarf.
Tut die Politik in Vorarlberg genug, um die CO2-Emissionen zu reduzieren?
Noch nicht. Die öffentliche Hand muss weiter mit gutem Beispiel vorangehen und kommunale Bauten aus Prinzip in Holz- und Hybridbauweise und mit nachhaltigen Baumaterialien errichten. Der Holzbau kann hier jedenfalls seinen Teil beitragen, da ein Quadratmeter Holz rund eine Tonne CO2 speichert. Angesehene Klimaexperten wie Joachim Schellnhuber raten, Bäume zu pflanzen und Häuser in Holz zu bauen. Ich halte es für klüger, CO2 in einem Holzbau zu speichern, als – wie von Bundeskanzler Karl Nehammer vor Kurzem vorgeschlagen – ins Erdreich zu pumpen.
Wie stark sollte die Politik regulieren, womit gebaut wird?
Es ist die Aufgabe der Politik, die Emissionen im Bausektor verbindlich zu senken. Beton hat seine Berechtigung im Bau von Kellern, Brücken und Straßen, aber er ist auch ein Klimaschädling und sollte nur, wenn nötig, eingesetzt werden. Bund, Land und Gemeinden haben sich zum Green Deal verpflichtet. Sollte das nicht gelingen, werden wir alle Vertragsstrafen zahlen. Ein wichtiger Schritt wäre eine verpflichtende Einführung der Bepreisung des CO2-Ausstoßes durch den Bund. Dies würde dabei helfen, darauf zu achten, dass in der Herstellung der Baumaterialien und deren Verwendung kein CO2 entsteht.
Wie steht es in Vorarlberg um Lehrlinge im Holzbau?
Sehr gut, denn die Zimmerer und Kfz-Mechaniker sind die einzigen Berufsgruppen mit steigenden Lehrlingszahlen, bei allen anderen im Handwerk und Gewerbe sinken oder stagnieren sie. Derzeit haben wir 172 Lehrlinge, die mit unserem für Vorarlberg einzigartigen trialen System ausgebildet werden. Dieses Jahr errichteten die Lehrlinge für das Szene-Open-Air Lustenau einen temporären Bühnenpavillon für Nachwuchskünstler. Einer der großen Vorzüge unseres Metiers ist ja die Werkschau. Man kann nach getaner Arbeit sehen, was man mit den eigenen Händen geschaffen hat. Und wer kann schon behaupten, nach drei Jahren Lehre ein gesamtes Haus bauen zu können?
Sehen Sie den Trend in Richtung künstlicher Intelligenz (KI) als Gefahr für den Zimmererberuf?
Absolut nicht. Wir haben Berührungspunkte mit Automatisierung und Digitalisierung, aber KI spielt bei uns noch keine Rolle. Eine KI greift auf Datenbänke zu und sucht nach Korrelationen, sie kann zwar Zusammenhänge herstellen, aber nichts Neues erfinden. Somit könnte sie zwar theoretisch zuarbeiten und im Arbeitsprozess unterstützen, das Handwerk aber niemals ersetzen.